Bastia
 
 
 
Paris
Burgund
Tal der Loire
Alpen
Wandern
Bücher Fotos
Hotel
Ferienhaus
Mietwagen
Flüge
Pauschalreisen
Reisepartner
 
 
 

 

Historie von Bastia

 

 

 

 

 

Es scheint zum guten Ton zu gehören, wenn man vom Tourismus spricht, schlecht über Bastia zu urteilen. »Es ist die am wenigsten korsische Stadt Korsikas ... Es ist eine schmutzige, von Menschen wimmelnde Industriestadt . . . Sie hat keinen Strand und keine Hotels . . .«

Diese starken Worte sind nicht grundlos, aber liegt nicht darin von Seiten der Korsen unterschwellig eine gewisse Bosheit, die auf die Zeit zurückgeht, in der Bastia der Sitz des genuesischen Statthalters war, und von Seiten der »pinzuttu«* die Oberflächlichkeit des Fremden, der eine Stadt zu kennen glaubt, nur weil er unter Palmen, während er auf seinen Bus oder auf sein Schiff wartete, einen Aperitif trank ?

* »Pinzuttu«: Wörtlich »Der Spitze«. Tatsächlich versteht man darunter den Besucher vom Festland, und zwar wegen seiner »spitzen« Redensart, aber wahrscheinlich geht dieses Wort auf die Soldaten Ludwigs XV. zurück, die Zweispitze trugen.

Bastia ist eine Stadt, die erfolgreichste Stadt Korsikas: Offiziell 52.000 Einwohner, fast zehntausend mehr als die Hauptstadt; wie in Ajaccio, jedoch weniger aggressiv, klammern sich ganz neue Wohnblocks und Villen an den Hängen fest, die die Stadt beherrschen.

Sie zeugen von ihrer Expansion. Bastia ist eine aktive Stadt: Die Verkehrsstauungen um 8 Uhr morgens und 6 Uhr abends, die den nichtsahnenden Touristen sein Flugzeug oder sein Schiff verpassen lassen können, zeigen zur Genüge, daß hier die Arbeit ihre Regeln, ihre festen Stunden und ihre Abhängigkeiten hat. . .

Der kürzlich vergrößerte und modernisierte Hafen ist ein Umschlagplatz für die Erzeugnisse der Ostküste und des Cap (Zitrusfrüchte, Weine, Tabak), aber seine Aufgabe besteht vor allem darin, diese so wenig produktive Insel zu versorgen.

Südlich der Stadt breitet sich auf fast 10 km eine Industriezone aus und entwickelt sich in Übereinstimmung mit der wirtschaftlichen Durchdringung der Ebene: Autos, mechanische Werkstätten, Möbelfabriken, Anlagen von Jos et Bastos (26 Millionen Zigarettenpäckchen, 40 Prozent des Exports der Insel), usw.

Bastia ist auch ein in voller Entwicklung begriffenes Touristenzentrum. Früher war es nur ein Hafen, in dem der Urlauber sich nicht länger aufzuhalten wünschte: Nach Verlassen des Schiffes versuchte er, einen Platz in einem jener immer wieder reparierten asthmatischen Busse zu finden, auf die sich nur die Korsen zu verstehen scheinen, oder er setzte sich in ein verräuchertes, urzeitliches Abteil der lokalen Eisenbahn, die ihn in die Berge oder an besser ausgestattete Ufer brachte.

Heute haben sich die Verkehrsmittel vervielfacht, und die Einrichtungen wurden modernisiert: schnelle Busse, bequeme Schienenbusse, ein für Autofähren, Jachten, italienische Tragflächenboote und morgen schon für Luftkissenfahrzeuge zugänglicher Hafen, Parkplätze für Hunderte von Leihwagen und vor allem der internationale Flughafen Bastia-Poretta.

Aber unabhängig von dieser Funktion als Durchgangsstadt hat Bastia eine Aufgabe als Zentrum für Ferienaufenthalte gefunden, nachdem neue Hotels, Hotelklubsund Wohnanlagen an der Peripherie der Stadt, vor allem am herrlichen Strand von Biguglia, entstanden sind.

Von da ab beschränken sich die Ausflüge von Bastia aus nicht mehr auf die traditionelle »Korsika-Rundfahrt«; an zahlreichen Orten kann man die Freuden des Meeres genießen. Ebenso werden heute innerhalb der Stadt Sehenswürdigkeiten besichtigt, die allzulange verkannt wurden.

Das Zentrum der Stadt
Nachdem dies gesagt ist, wäre die Stadt gut beraten, in ihren Winkeln mit Besen und Gießkanne vorzugehen, außerdem die Fassaden zu renovieren und einige Blumen zu pflanzen; der Ruf der Stadt würde dadurch nur gewinnen und der Tourist noch mehr dazu verlockt, in ihr umherzuschlendern.

Das Hauptinteresse, vom Besucher aus gesehen, besteht in der Beobachtung der Menschen. Und das erfordert, daß man sich geduldig unter sie mischt. Sympathisch sind diese Menschen in Bastia, gelassen und sehr verschiedenartig!

Junge Mädchen im Minirock oder in Hosen nach der letzten Mode, die jeden Abend in kleinen Gruppen sittsam und unermüdlich auf der Place Saint-Nicolas auf und ab spazieren; reizende alte Frauen auf dem Platz vor dem Rathaus, in endlose Lottopartien versunken, bei denen sie Kieselsteine und Stücke von Orangenschalen anstelle von Figuren benutzen; besessene Boulespieler, die jede feste Sandfläche am Ufer des Meeres kennen; junge Nichtstuer, die an einem Tisch im Cafe die Siege der Fußballmannschaft von Bastia wieder aufleben lassen, und das ohne jede Leidenschaft, denn ist die lokale Mannschaft nicht ohnehin die bessere?

Und dann noch einige brave Frauen, die Lampions und die Trikolore für ein stets bevorstehendes Fest anbringen. Schließlich die alten Männer, würdevoll unter ihrem Hut und in ihrem schwarzen Anzug, die den Worten - jedem einzelnen Wort - eines ihrer Gefährten aufmerksam lauschen und die Sonne genießen, während sie auf dem Geländer einer Rampe der Zitadelle oder auf dem steinernen Rand des Musikpavillons sitzen, der Statue des Kaisers gegenüber . . .

eines Kaisers aus Marmor, zu drei Vierteln entblößt, der einem Schwimmer ähnelt, entschlossen, einen Kopfsprung in den nahen Hafen zu machen!

Denn auf den Plätzen, seien sie groß oder klein, gleichzeitig Cafe, Promenade und Forum, kann man das Leben der Leute von Bastia beobachten.

Die Straßen sind zumeist menschenleer. Obwohl mit Wäsche verhangen, sind die Fassaden mit ihren geschlossenen Fensterläden nicht weniger niederziehend und blind; nur hier und dort öffnet sich zur Hälfte ein Laden, hinter dem Blicke den Passanten mustern. Dies trifft vor allem auf das Viertel um den Vieux Port zu: Arkadengänge, erhöhte Passagen und unvorhergesehene Treppen bilden dort ein malerisches Labyrinth.

Die Art des Geländes, auf dem sich Bastia ausbreitet, hat zur Folge, daß die Stadt, eingeengt zwischen steilen Hängen und dem Meer, aus einzelnen Vierteln besteht, genauer aus individuellen Inselchen. Der Autofahrer, der die Fähre verläßt, kann die Stadt von Norden nach Süden durchfahren, ohne etwas von ihrer Vielfalt zu ahnen und etwas von ihren Sehenswürdigkeiten zu erblicken.

Ursprünglich, das heißt im 15. Jahrhundert, gab es die »bastiglia«, die Bastion, die Zitadelle, die sich auf dem in das Meer hinausragenden Felsen festgeklammert hatte.

Zu Füßen eine natürliche Bucht, die dem Dorf Cardo als Anlegeplatz diente; das Dorf, halb am Hang gelegen, wurde bald von hohen Häusern eingeschlossen, die sich an den Abhängen des Hügels stufenförmig aufbauten, und so entstand ein Hafen: dieser »Vieux Port« (der alte Hafen), der heute mit seinen dreihundert Sportbooten ein buntes Bild bietet.

Die Silhouette der Kirche Saint-Jean-Baptiste mit Barockfassade läßt sich aus dieser Umgebung nicht wegdenken. In der Nähe der Kirche Häuser aus dem 18. Jahrhundert, die sich um den gepflasterten Platz vor dem Rathaus scharen, wo jeden Morgen Markt ist; dieses Viertel ist Geschäfts- und Verwaltungszentrum zugleich und öffnet sich auf der einen Seite auf die Hafeneinfahrt.

Weiter nördlich bildet die Place Saint-Nicolas, ein schattiger Platz von 300 m Länge und fast 100 m Breite, eine Art Balkon, der auf den Nouveau Port (der neue Hafen) und das Meer hinausgeht.

Parallel zum Platz zieht sich der Boulevard Paoli hin, Geschäftsstraße und Hauptverkehrsader des modernen Bastia. Jenseits von ihm bilden, zwischen dem Inlandbahnhof und dem Hafenbahnhof, der neue Hafen, die Lagerhäuser, die Großhandelsunternehmen und die Reparaturwerkstätten einen neuen Kern der Aktivität, heute durch die neue Industriezone noch verdoppelt, die sich rasch ausbreitet und am Südausgang auf beiden Seiten der Straße nach Cor-te-Ajaccio-Porto Vecchio liegt.

Die Zitadelle
Als natürlicher Aussichtspunkt und historisches Zentrum ist die geschlossene Stadt, die die Zitadelle bildet, das wesentlichste touristische Element von Bastia.

Ein angenehm schattiger Garten (jardin Romieu) wurde am Fuß der nördlichen Festungsmauer angelegt. Von dort aus genießt man einen weiten Blick über die Häfen, die Stadt und die Hänge des Höhenzugs des Cap, die mit kleinen Orten und weißen Häusern übersät sind.

Unmittelbar unterhalb des Gartens suchen sich Außenborder, Segelboote, Frachter und Fähren ihren Weg zwischen den Molen. Am Horizont zeichnen sich die Umrisse der Inseln des Toskanischen Meeres ab: Elba, die höchste, Pianosa, weiter rechts, weiter im Süden und nur bei sehr klarem Wetter Monte Cristo und im Norden Capraia.

In die Zitadelle gelangt man durch eine unter Ludwig XVI. restaurierte Ausfallpforte (einige Meter oberhalb des Ausgangs des Jardin Ro-mieu). Die hohen Mauern der Befestigungsanlage, erst vor kurzem mit Zement verputzt, sind jene, hinter denen die genuesische Verwaltung Schutz suchte.

Der Statthalter wohnte in einem trutzigen kleinen Fort, das heute in ein Museum umgewandelt ist: Welch glückliche Umwandlung! Das Wort »Museum«, das auf die mit Zinnen bewehrte Mauer oberhalb der Zugbrücke gemalt wurde, bildet inmitten dieser kriegerischen Umgebung einen seltsamen Gegensatz und einen freundlichen Anachronismus.

1952 wurde an dieser Stelle das Ethnographische Museum eingerichtet. Sein Konservator, Madame Janine Serafini, sammelt dort seitdem Gegenstände und Dokumente. Ihre Mittel sind beschränkt, und die Darbietung hat etwas Kunstgewerbliches an sich, aber die Bemühung ist in diesem allzulange vernachlässigten Land verdienstvoll, um so mehr, als die Auswahl der Stücke bemerkenswert und ihre Klassifizierung logisch ist.

Der in diesem Museum befolgte Plan ermöglicht die Darstellung der »natürlichen Umwelt« und dann die der »menschlichen Umwelt« auf Korsika. Diese Bezeichnungen sollten den Laien nicht abschrecken: Die ausgestellten Dokumente haben oft einen anekdotischen Wert, die die Einführung des Besuchers in die Geschichte und die Ethnologie Korsikas zu einem Vergnügen macht. Einige Beispiele.

Unter den Mineralproben, den Stücken aus Marmor und Granit, die aus den verschiedenen Gebieten der Insel zusammengetragen wurden, fällt einem selbstverständlich der außergewöhnliche getüpfelte Diorit (aus Santa-Lucia-di-Tallone) auf, aber auch, wenngleich weniger bekannt, der Realgar oder Schwefelarsenik (aus Matra, im Hochtal der Bravone), der ein schönes Orangegelb aufweist und von den Deutschen zu Anfang des Jahrhunderts abgebaut, zur Herstellung ihrer Gasgranaten während des Ersten Weltkriegs diente.

Mehrere Säle sind der Geschichte Bastias und Korsikas gewidmet. Man sieht dort die auf den römischen Karten des 4. Jahrhunderts eingezeichnete Insel, angeblich nach der Peutingerschen Tafel angefertigt, und bereits lesbare Karten aus dem Jahr 1283.

Unter zahlreichen ausgestellten Dingen wollen wir einen Brief der Katharina von Medici erwähnen, an den Dogen der Republik Genua gerichtet, mit der Absicht, die Freilassung des verhafteten und in Bastia auf Befehl des Statthalters gefangen gehaltenen Sampiero Corso zu erwirken.

Da ist auch die Fahne des unabhängigen Korsika, dieselbe, wie es heißt, die über der Armee Pasquale Paolis am 8. Mai 1769 bei Ponte Nuovo flatterte. Dann das Porträt des Marschalls Sebastiani, in La Porta geboren und im Invalidendom beigesetzt, der seiner männlichen Schönheit und seinen tollen Abenteuern den Beinamen »Der Kupido des Reiches« verdankte.

Und dann noch eine satirische Bildersammlung über Theodor, den absonderlichen, bemitleidenswerten »Eintagskönig Korsikas«. Schließlich, in einem besonderen Raum, die Totenmaske Napoleons, von Dr. Antomarchi abgenommen, ein Geschenk der Mutter des Kaisers an die Stadt Bastia am 5. Mai 1834.

Die Abteilung Ethnologie, der noch eine große Entwicklung bevorsteht, ist nicht minder interessant als der historische Teil. Skizzen, beleuchtete Vitrinen und Werkzeuge zeigen, wie sich das Leben des Bauern, des Schäfers und des Handwerkers in einer noch nicht weit zurückliegenden Vergangenheit abspielte.

Man sieht feuerfeste Töpferwaren, die für Korsika sehr typisch sind, und Krippen oder Miniaturkirchen aus geflochtenen Palmenblättern, wie die alten Frauen sie früher in San Martino di Lota, nördlich von Bastia, für den Palmsonntag anfertigten.

Man sollte das Museum nicht verlassen, ohne im alten Pulvermagazin der Festung das Meeresmuseum besichtigt zu haben, das 1963 mit Unterstützung der Stadt geschaffen wurde, angefangen mit den Ergebnissen der systematisch durchgeführten Ausgrabungen auf den Lavezzi-Inseln und entlang der Ostküste durch eine Gruppe junger Unterwassertaucher.

In diesem niedrigen, gewölbten Saal mit Pflasterboden sind in einer geschickten Beleuchtung eiförmige ölkrüge, Gefäße für Oliven und Salzlauge, griechisch-italienische Krüge mit doppelten Tragringen und Griffen, Kannen mit einem oder zwei Henkeln, Stöpsel aus Terrakotta, Bleibarren und runde Kupferplatten, ferner Stockanker, deren kleinster 9 kg und deren größter 380 kg wiegt und 2,20 m mißt, ausgestellt.

Im Hof dieses Museums, dieser Schloßfestung, kann man auch den Turm des U-Botes »Casabianca« sehen, das unter dem Kommando des Kapitäns L'Herminier eine wesentliche Rolle bei der Befreiung Korsikas Ende September 1943 gespielt hat.

Zwei weitere Gebäude innerhalb des Mauergürtels der Zitadelle sind eine Besichtigung wert: die Kirche Sainte-Marie und vor allem die Kapelle Sainte-Croix. Sainte-Marie ist die alte Kathedrale der Bischöfe von Mariana, die von den Barbaresken und vom Sumpffieber aus der Ebene verjagt wurden.

Es handelt sich um einen Bau aus dem 17. Jahrhundert, durch den hochtrabenden Stil vielen anderen korsischen Kirchen vergleichbar, jedoch den Proportionen nach in Übereinstimmung mit der Bedeutung der Stadt.

Mehrere andere Werke der Kunst werden dem Kunstliebhaber auffallen: Zwei Statuen der Jungfrau Maria aus buntbemaltem Holz aus dem 17. Jahrhundert (rechtes Schiff), zwei andere, graziöser als diese, »Jungfrau mit Kind«, aus Marmor (linkes Schiff), zwei große Gemälde aus dem 17. Jahrhundert, kürzlich restauriert, die aus der Sammlung des Kardinals Fesch stammen: Episode aus dem Leben Alexanders des Großen (rechtes Schiff) und Seeschlacht von Le-panto: Nach seinem Sieg erhält Don Juan d'Austria vom Papst das Königreich Sizilien (linkes Schiff); Gemälde von der Himmelfahrt auf Holzgrund, gezeichnet Leonicino Aquilani, 8. November 1512, aus der Canonica stammend. Die geschnitzten Chorstühle sind das Werk eines pisanischen Künstlers aus dem vorigen Jahrhundert.

Die Orgel aus dem Jahr 1845 entstammt dem berühmten Haus Serassi in Bergamo. Der Hochaltar ist aus Marmor, eine eingelegte Arbeit, wie zahlreiche andere Altäre, die man in den Kirchen auf der Insel antrifft, aber vielleicht kostbarer. Diese Neigung der Inselbewohner zu kirchlicher Pracht, die so häufig an schlechten Geschmack grenzt, führt zu diesem Altarhintergrund, auf dem Unsere Liebe Frau von der Himmelfahrt in ein unwirkliches Licht getaucht erscheint, das von seitlichen Luken her einfällt.

Und was soll man von dieser monumentalen Gruppe der heiligen Jungfrau der Himmelfahrt sagen, die durch eine Vitrine geschützt ist, ein bemerkenswertes Werk aus ziseliertem Silber von Gaetano Macchi, einem Künstler des 18. Jahrhunderts aus Siena? Diese Statue, Gegenstand der Verehrung, wird am 15. August unter großem Pomp durch die ganze Stadt geführt.

Nach allen diesen Orgelspielen und Fanfarenstößen erscheint einem die Kapelle Sainte-Croix fast wie ein Muster des Maßhaltens. Sie liegt gleich neben der Kathedrale. Durch ein einfaches, etwas zurückliegendes Hausportal in der Rue de l'Eveche gelangt man hinein. Der erste Eindruck beim Besucher ist der, er müsse sich im Gebäude geirrt haben.

Ist dies hier nicht etwa anstelle einer Kirche eines dieser kleinen kostbaren Theater, wie man sie zur Zeit Ludwigs XV. zu bauen verstand?

Das harmonische Deckengewölbe weist goldene Arabesken und reizende Engelchen auf, die vor einem Hintergrund von zartestem Blau tanzen. Sieht man näher hin, bemerkt man bald, daß nicht alles diesem Geist entspringt... Der Hochaltar ist mit einem großen, fast unerkennbaren Gemälde geschmückt, auf dem Goldschmiedearbeiten und Edelsteinreliefs um eine heilige Jungfrau der Verkündigung herum schillern. Hinter dem Glas einer Vitrine schimmert eine vergoldete und versilberte Himmelfahrtsgruppe im Schein elektrischer Birnen. Dafür ist das Kruzifix, das unter dem Namen »Christus der Wunder« bekannt ist, ein ergreifendes Werk; es ist schwarz wie jene Eichenhölzer, die schon lange in Meerwasser gelegen haben. Dieses Kruzifix ist im allgemeinen hinter einem Vorhang verborgen, den ein Aufseher für den Besucher hochhebt. All das Gold, von dem es umgeben ist, läßt dieses Gesicht des Schmerzes und der Barmherzigkeit, schwarz wie Erdschlamm, nur noch dramatischer und bemitleidenswerter erscheinen. Die Überlieferung behauptet, dieses Kreuz sei 1428 auf dem Meer treibend von zwei Anchovisfischern gefunden worden. Es wird seitdem von den Seeleuten besonders verehrt. Eine feierliche Prozession findet am 3. Mai statt.

Die untere Stadt
Offensichtlich ist es die Umgebung des Vieux Port mit seinen kleinen Terrassenkneipen, der Hafenkommandantur und dem Einlaufen und Auslaufen der buntfarbigen Boote, die den Touristen zurückhält. An Sommerabenden erklingt noch spät Gitarrenmusik in den Bars.

Der Markt auf der Place de l'Hotel-de-Ville ist voller Leben und Farben. Die Kirche Saint-Jean-Baptiste und zwei andere Kapellen ganz in der Nähe, auf der Rue Napoleon, sind reich an Vergoldungen und Marmor, unterscheiden sich aber in nichts von allen diesen anderen, ein wenig überladenen Gotteshäusern, die im 17. Jahrhundert in den korsischen Städten errichtet wurden, als Genua Nutzen aus seiner Kolonie schlug, die es gezähmt zu haben glaubte.

Dennoch sollte der Tourist seinen letzten Besuch in der Stadt Bastia noch einer Kirche widmen: einer verborgenen, vergessenen Kapelle, die schwer zu finden ist. Ihr Name: Oratoire de Montserrato oder Montserrat. Man gelangt zu ihr, indem man auf der place du Palais-de-Justice in die Straße nach Saint-Florent einbiegt; nach weniger als 2 km macht die Straße, die steil ansteigt, eine jähe Biegung nach rechts; am Ende dieser Biegung zweigt ein kleiner, steiniger Weg ab, schmal aber befahrbar, der zwischen den Gärten der angrenzenden Besitzungen abfällt (ein weiterer Anhaltspunkt: die Straße nach Cardo und San Martino di Lota geht 30 m weiter von der Nationalstraße rechts ab); die Kapelle liegt im Grünen verborgen in der Tiefe der Talsohle, ungefähr 200 m von der Straße entfernt. Es ist ein sehr einfaches Gebäude, nach außen hin ohne jede Besonderheit. Hat der Besucher aber die Tür hinter sich gelassen, verstummt er vor Erstaunen: Vor ihm erhebt sich steil, kahl und absurd eine Treppe! Eine breite, riesige Treppe mit schmalen steilen Stufen, die bis zum Dach führt und dort vor einem klei-ren, vor Marmor und Vergoldung schimmernden Altar endet.

Am Fuß der Treppe scheinen zwei riesige Engel den Menschen aufzufordern, die Stufen zur himmlischen Seligkeit zu erklimmen. Wahrhaftig kommen, vor allem am 12. Mai, Pilger, die auf Knien die achtundzwanzig Stufen dieser Scala Santa erklimmen.

Diese »Heilige Treppe« stellt tatsächlich das Gegenstück zu der des Heiligen-Johannes-vom-Lateran dar, die die gleiche sein soll, auf der Christus in Jerusalem den Palast des Pilatus betrat und wieder verließ, und die die Kaiserin Helena im Jahr 326 nach Rom schaffen ließ. Dieses Privileg, eine Scala Santa zu besitzen, wurde einer nur sehr kleinen Zahl von Gotteshäusern auf der Welt zugestanden. Bastia wurde dieser Vorzug im Jahr 1816 zuteil, nachdem Monsignore Massaia, einer der von Napoleon nach Korsika verbannten römischen Kleriker, Pius VII. eine Bittschrift überreicht hatte, um darin der Stadt gegenüber den Dank für ihren Empfang und die Hilfe auszudrücken, die ihre Bewohner den Geächteten hatten zukommen lassen.