Clermont-Ferrand
 
     
   
     
     
     

 

 

 

 

 
   Fa Michelin
 
     
 
     
 

Fa Michelin in Clermont-Ferrand

 

 

 
 

In Clermont-Ferrand hat einer der weltweit grössten Reifenhersteller seinen Sitz: Die Firma Michelin erreichte nach dem spektakulären Erwerb von Uniroyal Goodrich für 4,1 Mrd. Francs im Jahr 1992 über 20 % des Weltumsatzes.

Direkte Konkurrenten im globalen Wettbewerb sind die Konzerne Bridgestone und Goodyear-Sumitomo. Trotz des Images als Familienunternehmen, mit dem sich Michelin präsentiert, die Firma ist rund um den Globus aktiv. Zu dem französischen Konzern gehören heute 80 Fertigungsstätten in 19 Ländern, von den USA bis Japan, von Finnland bis Südafrika.

Der Multi mit dem Firmensymbol des Reifenmännchens kann allerdings auf eine phantastische Familiensaga zurückblicken.

1830, Frankreich erlebt gerade einen industriellen Boom, gründen Aristide Barbier, ein der Spekulation aufgeschlossener Notar, und Edouard Daubree in Clermont am Ufer der Tiretaine eine Fabrik für Landmaschinen.

Wie das Leben so spielt, heiratet Daubree die Nichte des Schotten Macintosh, der einige Jahre zuvor die Lösbarkeit von Kautschuk in Benzin entdeckt hatte und gerade dabei war, mit wasserdichten Planen und Mänteln ein Vermögen zu machen.

Zunächst werden in der Fabrik nur einige Bälle für Kinder hergestellt, doch der Erfolg ist so groß, dass die Kautschukverarbeitung bald einen immer größeren Bereich einnimmt.

Mitte der 1880er Jahre ist die Nachfrage nach Kinderbällen, Gartenschläuchen und Treibriemen erschöpft, die Fabrik steht vor dem Ruin.

Da nehmen die Enkel des Gründers Barbier, Edouard und Andre Michelin, die Sache in die Hand und bringen 1889 den abnehmbaren Reifen für Fahrräder auf den Markt, nachdem im Jahr zuvor der schottische Tierarzt John Boyd Dunlop erstmals Reifen aus Gummi konstruiert hatte.

Als einige Jahre später ein neues Fahrzeug auftaucht, das Automobil, entscheiden sich die Brüder Michelin, probeweise Reifen mit >Luftkammern< zu fertigen. Da kein Konstrukteur ihre Idee übernehmen will, bauen sie selbst einen Wagen, den sie am Rennen Paris-Bordeaux-Paris teilnehmen lassen.

Er ist unter den letzten, doch die Brüder verbessern die Technik, die einen entscheidenden Vorteil hat: Fahrer und Fahrgestell werden erheblich geschont. Der Erfolg von Michelin beginnt.

1906 heben die Brüder den Guide Michelin aus der Taufe, zunächst als Ratgeber für Automobilisten. Die Bücher werden von Reifenhändlern kostenlos verteilt und listen Tankstellen, Reparaturwerkstätten, Hotels und Restaurants auf, geben Tipps für den Reifenwechsel und Erste Hilfe.

Schon damals ein genialer Werbeschachzug, doch zum wichtigsten Hotel- und Restaurantführer, dessen jährliches Erscheinen von allen Küchenchefs Frankreichs mit Spannung erwartet wird, entwickelt sich der rote Band erst allmählich.

Die Firma wuchs und mit ihr die Stadt. Bei soviel geballter Wirtschaftsmacht kann man schon sagen: Clermont-Ferrand ist Michelin und Michelin ist Clermont-Ferrand.

Francois Michelin, der den Konzern jetzt seit 50 Jahren führt (seit 1999 zusammen mit seinem Sohn Edouard Michelin), ist ein Patron wie er im Buche steht, sparsam bis zum Geiz, misstrauisch gegenüber Politikern, ein überzeugter Katholik und noch überzeugterer Antigewerkschaftler: Michelin ist wahrscheinlich der einzige Konzern, in dem es keine Abteilung des CGC gibt, weil >FM< seinen Angestellten untersagt, sich gewerkschaftlich zu organisieren.

Noch im Mai 2000 titelte Liberation skeptisch: »Michelin entdeckt das Wort Dialog« (mit den Gewerkschaften). Seit 1990, als der Betrieb 5,3 Mrd. Francs Umsatzrückgang beklagen musste, ist die Stimmung in Clermont-Ferrand zunehmend gedrückt. Tausende von Arbeitern mussten die Firma verlassen.

Beschäftigte das Unternehmen 1979 noch 30.000 Arbeitnehmer in Clermont-Ferrand, waren es 1991 nur noch 16.500 >Bibs<, wie sich FM's Angestellte nennen.

Jeder zweite musste also gehen, und darüber hinaus schnitt FM auch sein soziales Engagement zurück: Die Kinderkrippen und Schulen gingen an die Stadt, die selbst nicht all zuviel Geld hat, die Werkswohnungen, mit denen die Firma in den 20er und 30er Jahren Vorbildliches geleistet hatte, wurden verkauft, der Werksverkauf eingestellt.

In den nächsten Jahren sollen weitere Arbeitsplätze wegfallen: Im Herbst 1999 kündigte Michelin an, die weltweit 130.000 Stellen sollten um 2.000 in Frankreich, um 7.500 in Europa verringert werden.

Ein schwerer Schlag für die Stadt und die strukturschwache Region, die sich seit Jahrzehnten mit Michelin identifiziert hat: Hier sagt man nur l'usine, »die Firma« ­und jeder weiß, was gemeint ist.

Michelin.de

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