Minitel und Internet
 
 
 
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Minitel und Internet in Frankreich

 

 

Minitel und Internet in Frankreich / Stand Dezember 2001

Das Internet hat es in Frankreich schwer. Das gute alte Minitel ist nach wie vor der Gallier liebstes Online-Medium

Die Franzosen machen ihren legendären Comic-Vorfahren Asterix und Obelix alle Ehre: nur noch eine Industrienation leistet dem Internet Widerstand. Laut einer Studie zum Thema "E-Commerce", die das französische Finanzministerium diese Woche veröffentlicht hat, zeigt sich die "Grande Nation" dem World Wide Web gegenüber überdurchschnittlich misstrauisch. Für die Autoren der ministeriellen Studie ist vor allem das Minitel an der französischen Internet-Zögerlichkeit schuld.

 

15 Millionen nützen, so die Studie, die sündteuren Minitel-Dienste. Nur ca. 8 Millionen sind regelmäßige Surfer. Minitel ist das Videotextsystem, das schon ab 1983 die französischen Haushalte mit einem wohl simplen, jedoch effizienten Onlinesystem versorgte. Da der Hometerminal kostenlos von der Telecom zur Verfügung gestellt wurde, erfuhr das Minitel eine schlagartige Verbreitung und machte die Franzosen zu den ersten Europäern, die sich mit der elektronischen Kommunikation vertraut machen konnten. Selbst die amerikanischen Gründungsväter des massentauglichen Internet sollen damals neidisch nach Frankreich geblickt haben. Doch dass das Minitel auch im 21. Jahrhundert noch so viele Anhänger haben sollte, damit hatte keiner gerechnet. Nicht einmal die Telecom selbst, die das System nach einer Rüge Jospins 1997 eigentlich schon auflassen wollte: "Das Minitel ist technologisch limitiert und könnte auf Dauer eine bremsende Wirkung auf die Entwicklung der vielversprechenden neuen Technologien haben", mahnte der Premier. Und genau das scheint nun auch eingetreten zu sein.

Nur einer von fünf Franzosen kann sich von zu Hause in das Internet einwählen. Zum Vergleich: in Großbritannien haben 37% der Haushalte einen Internetzugang. Auch die PC-Verbreitung geht nur langsam vor sich: während über die Hälfte der Gallier mobile Telefonierer sind, ist nur ein Viertel der Haushalte mit einem PC ausgestattet. 32% hingegen haben entweder in der Arbeit oder zu Hause einen Minitel-Terminal stehen.

Liegt es am Nationalstolz der Franzosen, die auf ihre technologischen Innovationen, wie beispielsweise den Hochgeschwindigkeitszug TGV oder die Concorde so verdammt stolz sind, dass sie von der schon seit 18 Jahren währenden Erfolgsgeschichte des Minitels so überhaupt nicht ablassen wollen?

 

"Minitel verwendet vielleicht eine veraltete Technologie, aber es ist ein Online-Dienst mit seinem soliden Geschäftsmodell. Das ist mehr, als die meisten Internetfirmen von sich sagen können", schrieb der Industry Standard im November 2000. Denn während das Internet noch immer große Probleme mit der Rentabilität und der Sicherheit von Online-Zahlungsmöglichkeiten hat, werden die in Anspruch genommenen Minitel-Dienste ganz einfach mit der nächsten Telefonrechnung beglichen. Die Telecom teilt sich dann die Einnahmen mit den diversen Online-Anbietern

 

Die Anhänglichkeit der Franzosen an ihr altes, aber bewährtes Low-Tech-System scheint sich mittlerweile bis zu den Amerikanern durchgesprochen zu haben: Seit einem Jahr bietet Yahoo einen eigenen Service für eingefleischte Minitel-User an, der es ermöglicht, Mails auch von einer Minitel-Anlage aus abzurufen. Der Yahoo-Deal ist aber nicht der einzige Schritt der französischen Telecom Richtung Internet. Die Minitel-Dienste sind seit geraumer Zeit auch übers Netz verfügbar und erweisen sich trotz der gewohnt hohen Tarife als durchaus erfolgreich: pro Monat nutzen 250 000 Internet-User dieses Angebot. Alte Gewohnheiten verliert man eben nicht so leicht.