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Radfahren in Frankreich - Tour de France

 

 

 

Jacques Anquetil

Jacques Anquetil wurde am 8. Januar 1934 als Sohn eines Bauern in der Normandie geboren.

1954 wurde er Radprofi, und bezwang gleich im ersten Jahr beim grossen Zeitfahrrennen "GP des Nations", den er insgesamt neun Mal gewinnen sollte, im zarten Alter von 20 Jahren den grossen Fausto Coppi!

Als Anquetil 1969 seine Karriere beendete, konnte er auf Palmarés zurückschauen, wie sie vor ihm noch niemand zustande gebracht hatte: Als erster Rennfahrer der Geschichte gewann er fünf Mal die Tour de France (57, 61, 62, 63, 64), außerdem holte er u.a. Siege beim Giro d'Italia (60 und 64) und der Vuelta a España (63). 1965 brachte Anquetil das Kunststück fertig, in einem Jahr sowohl die Kletterer-Rundfahrt Dauphiné, als auch das 460km-Mammut-Eintagesrennen Bordeaux-Paris zu gewinnen - bis heute gilt dies nicht nur in Frankreich als eine der größten Leistungen, die jemals ein Rennfahrer erbracht hat.
Trotz (oder gerade wegen) all seiner Erfolge, die ihm leichter zu fallen schienen als anderen, war der kühle "Maître Jacques" aus der Normandie bei den Franzosen nie sehr beliebt. Rudi Altig sagte einmal über seinen langjährigen Teamkollegen: "Anquetil wurde bewundert und verehrt, aber Poulidor wurde geliebt, weil er der ewige Verlierer war. So ist das in Frankreich, in Deutschland undenkbar."

Der Unterschied zwischen dem geachteten Anquetil und dem heißgeliebten Poulidor wurde wie unter dem Brennglas deutlich bei dem Duell bei der 20.Etappe der Tour de France 1964, ein Duell das zur Tour-Folklore wurde wie die eigenhändige Gabelreparatur von Eugene Christoph 1913 in der Schmiede von Sainte-Marie-de Campan.

12. Juli 1964, die 20. Etappe der Tour de France steht an zwischen Brive-la-Gaillard und der Bergankunft am Puy de Dôme im Zentralmassiv. Im Gelben Trikot fährt Anquetil, doch anders als in den Jahren zuvor beträgt sein Vorsprung kurz vor Ende der Tour nur vergleichsweise hauchdünne 56 Sekunden vor dem zweitplazierten Raymond Poulidor, der als Kletterer am giftig steilen Schlussanstieg von Puy de Dôme die besseren Karten hat.

Anquetil erreicht den Schlussanstieg entkräftet, doch der ausgebuffte "Maître" schafft es dennoch, den braven "Poupou" auszutricksen. Kurz vor einem Schwächeanfall stehend versucht Anquetil nach außen völlig unbeindruckt zu erscheinen. Statt sich an Poulidors Hinterrad zu hängen, fährt er lächelnd neben seinem Erzrivalen. Hans Blickensdörfer schreibt in seinem Klassiker "Tour de France - Mythos und Geschichte eines Radrennens":

"...als die beiden spanischen Bergkönige Jiminez und Bahamontes ihre Sondernummer einlegen, läßt (Anquetil) sein ganzes Raffinement spielen: 'Jetzt schnappen uns die Spanier auch noch die Zeitvergütung weg!' Dieser Satz (...) irritiert (Poulidor), der hier seinen großen Coup landen will. Wenn der jetzt noch an Zeitvergütung denkt..."
In der Folge fahren Poulidor und Anquetil Ellbogen an Ellbogen zwei Kilometer nebeneinander dem Ziel entgegen. Als Raymond Poulidor sich endlich kurz vor der Ziellinie doch noch zum Angriff entschließt, ist es bereits zu spät. 42 Sekunden nimmt er dem ausgepumpten Anquetil noch ab, aber zum Gelben Trikot reicht es nicht. Beim Zeitfahren am übernächsten Tag, am Nationalfeiertag zwischen Versailles und Paris schlägt Anquetil der Hass des Publikums entgegen, denn, so Blickensdörfer,

"will es an diesem 14. Juli 1964 nicht auch einen König stürzen, dessen Herrschaft zu lange unantastbar war?"

Doch Anquetils Herrschaft bleibt bei der Tour de France 1964 unangetastet, wenn auch eingefleischte "Poupou"-Fans bis heute genauestens erklären können, warum eigentlich Anquetil dieses Mal hätte verlieren müssen. Die Tour 1957 hatte Anqutil mit fast 15 Minuten Vorsprung gewonnen. 1964 betrug sein Vorsprung auf den zweitplazierten Poulidor in Paris am Ende 55 Sekunden.

Der unantastbare Jacques Anquetil war ein Perfektionist auf dem Rad, hatte Intelligenz und Klasse, und hielt auch mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg. 1967, in dem Jahr als Tom Simpson am Mont Ventoux starb, prangerte Anquetil öffentlich das Dopingproblem an. Eine Anekdote um die hohe französische Auszeichnung der "Légion d'honneur" zeigt den Stellenwert, den der nicht geliebte, aber hoch geachtete Anquetil in Frankreich hatte. Als General de Gaul einmal die Liste mit den für den Orden vorgesehenen Sportler vorgelegt wurde, fragte der Staatspräsident: "Und Anquetil?" Als man ihm daraufhin erklärte, es sei wegen der Dopingproblematik derzeit nicht opportun, einen Radsportler zu ehren, entgegnete General de Gaul: "Hat er die Marseillaise im Ausland erklingen lassen, ja oder nein?"

Jacques Anquetil starb am 18. November 1987 an einer Krebserkrankung. Auf seinem Grabstein steht: "Vor ihm hat man sich nicht vorstellen können, dass es einen Anquetil geben könnte."