Die Felibres
Man nimmt an, dass die Felibrige am 21. Mai 1854 gegründet wurde, durch sieben junge Dichter. Man ist sich auch nicht ganz sicher über die Anzahl, aber da die sieben in der Provence besonders mit Aberglauben und Mystik behaftet ist, denkt man, dass zu diesem ersten Treffen im Kastell Font Segugne folgende Poeten zusammenkamen: Theodore Aubanel, Jean Brunet, Paul Giera, Anselme Mathieu, Federic Mistral, Joseph Roumanille und Alphonse Tawan. Man war sich einig über die Notwendigkeit eine neue Schule provenzalischer Literatur zu gründen, mit präzisen Regeln und dem Ideal gehobener Qualität. Sie beschlossen der Bewegung Gesetze und solide Grundlagen zu geben, um " der Provence ihre Sprache, ihre Farbe, ihre Freiheit auf Wohlstand, ihre nationale Ehre und ihren hohen Rang intellektuellen Geistes" zu erhalten.
Sie nannten ihre Bewegung" Lou Felibrige ", mysteriöse
Bezeichnung aus der Hagiographie. Mistral entdeckte sie in einer Volkslegende,
nach der Saint Anselm die Vision der Heiligen Jungfrau hatte, die ihrem
Sohn die sieben Schmerzen aufzählt, die sie erlitten hatte; auch
Jesus diskutierte in einem Tempel mit sieben Doktoren, in den Texten die"
sieben felibres des Gesetzes" genannt. Die sieben Poeten erinnern
sich an die sieben Troubadoure, die an der Akademie Jeux Floraux in Toulouse
unterrichteten und sie sympathisierten brüderlich mit den sieben
katalanischen Dichtern, die die Jeux Floraux von Barcelona wieder aufleben
lassen. Das jährliche große Vereinstreffen der Felibrige, das" Banquet ", wird das Santo Estello (St. Estelle = Stern), wo man die rituelle Zeremonie des Coupe Santo (hlg. Becher) feiert. Als die Felibrige 1862 ihr erstes Statut abfasst, macht sie deutlich, dass die Provence sehr weiträumig verstanden werden soll: " der Süden von Frankreich ganz und gar ". Später fügte man hinzu, dass man all diejenigen Schriftsteller, Gelehrten, Künstler und Patrioten brüderlich zusammenfassen und in ihrem Glauben unterstützen will, die sich für den Erhalt der Sprache und des Nationalbewusstseins der" terres d'oc " sowie für die Wiedergeburt natürlicher und kultureller Freiheit einsetzen. Ganz im Sinne der Provence und der Provenzalen komponierte Mistral die Hymne Coupe Santo, im Chor gesungen zeitens des großen Banquets. Beim letzten Vers erheben sich alle zu Ehren der Katalanen, die den Coupe an die Provenzalen offerieren.
Das Interessenfeld der Felibrige breitet sich auf sieben Bezirke aus,
die jeder einen der wichtigen Diakelte des" oc " repräsentieren:
Auvergne, Catalogne-Roussillon, Gascogne-Bearn, Guyenne-Perigor, Languedoc,
Limousin und Provence. Das Symbol der Felibrige ist ein siebenstrahliger
Stern, jeder Strahl bedeutet einen Bezirk und den Stern hat man gewählt,
weil die Patronin der Bewegung die Sainte- Estelle und beider Gebutstag
der 21.5. ist. Die Feierlichkeiten des 21. Mai wurden später auf Pfingsten verlegt. Der 'Coupo Santo wird jährlich in eine andere Stadt gebracht, einer der Santo Estello fand selbst in Monaco statt, 1977. Der " Capoulie " (Großmeister) ist verantwortlich für den Becher, die Königin der Felibrige assistiert ihm; sie hat nur poetische Bedeutung und wird um die sieben Jahre gewählt. Der Capoulie sitzt einem Konsistorium vor, das aus fünfzig Würdenträgern besteht, den" Majoraux ", auf Lebzeit gewählt und jeder trägt als Abzeichen eine Goldbrosche, eine Zikarde, der ein erster Besitzer einen Namen gegeben hat und der seit dem treu beibehalten wird. Die Bezirke, " Maintenances ", werden durch ein Syndikat verwaltet, das sich aus den Mainteneurs zusammenstellt, sowie Interessengemeinschaften, die man ecoles felibrieennes nennt. Ist das Vokabular auch präzis und die Regeln streng und feierlich, so ist die Felibrige hauptsächlich eine Möglichkeit der Begegnungen, Gedankenaustausches und des Ansporns.
Schon in den Beginnjahren hatte man Verbindungen mit außerhalb der"
pays d'oc " und im Ausland lebenden Mitgliedern geknüpft. Man
nennt sie" söci " une es handelt sich um Universitätspersönlichkeiten,
Philologen, aber auch Schriftsteller, Dichter und Künstler, die durch
ihre Werke Anregungen und würdige Sympathie für die Aufgaben
der Felibrige bezeugt haben und so verdienstvoll für die Bewegung
wurden. Man zählt heute Sodes in vielen Staaten aller Kontinente. Geht die Felibrige auch respektvoll mit der Vergangenheit um, so steht sie doch auch der Zukunft offen gegenüber hütet über Versprechungen und Hoffnungen, bewusst gibt sie Zeugnis der Realität, Identität, Bejahung einer Natur also, einer Gegenwart und Personalität. Sie ist nicht für Teilungen welcher Art auch, am Busen der französischen Einheit, die sie in all ihrer Verschiedenheit anerkennt, erhebt sich die Felibrige nur gegen Uniformität, Unitarismus. Mit Respekt für die Ungeteiltheit der Republik will sie nur, dass die regionalen Sprachen und Kulturen, ihrer großzügigen Devise der Freiheit und Gleichheit nach, anerkannt werden. Sie wacht über das hohe Ideal Frederic Mistrals, der die Seele der Provence und ihrer Schwesterländer" unendlich in Wiedergeburt, fröhlich und stolz und lebendig" nennt. |