Navettes aus Marseille
So bekannt das Rezept für die Bouillabaisse ist, so geheim ist die Rezeptur einer anderen Spezialität der Hafenstadt, der Navettes. Das Geheimnis der Herstellung dieses Gebäcks wird seit 200 Jahren in der Bäckerei nahe der Abtei Saint - Victor eifersüchtig bewacht und von Generation zu Generation weitergegeben.
Ursprünglich wurde das längliche Gebäck mit dem feinen Geschmack nach Orangenblüten nur zu den Lichtmeßfeiern dieser Kirche gebacken. Die Besucher der Messe erhielten ein geweihtes Stück und eine grüne Kerze. Dieser Navette, ein ganzes Jahr haltbar, sollte vor Krankheiten schützen und wurde sorgfältig aufbewahrt, während die Kerze vor Unwetterschäden bewahren sollte und bei starken Gewittern angezündet wurde.
Heute darf man die Navettes auch ungeweiht und ganzjährig genießen. Die derzeitige Besitzerin der Bäckerei ist wegen ihrer Tätigkeit als NavettesBäckerin für die Abtei die einzige Frau, die am Festessen der Kirchenoberen und des eigens zu Lichtmeß anreisenden Abgesandten des Vatikans teilnimmt. "Die geistlichen Herren waren beim letzten Festmahl äußerst amüsiert, als die Bäckerin in einem roten Lederkleid die Form der Navettes erläuterte", wird in Marseille erzählt. Ein älterer Herr meint dazu: "Sie ist ja auch eine fesche Frau in ihren besten Jahren, und die Form der Navettes lässt durchaus Spielraum für Interpretationen zu!"
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