Moissac
 
 
 
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Pilgern und Moissac

 

 

 

 

 

Als im Mittelalter Pilgerstraßen den Südwesten des Königreichs Frankreich durchzogen, war die Abtei von Moissac zusammen mit Le Puy und Conques ein Etappenziel an der Via Podensis, die zum Paß von Roncesvalles und weiter zum Sammelpunkt Puenta la Reina in Spanien führte.

Chlodwig selbst habe die Abtei als Dank für seinen unerwarteten Sieg über die Westgoten gegründet.

Sicher ist auf jeden Fall, dass die Abtei (und heutige Kirche Saint-Pierre) zu den zahlreichen kirchlichen Bauten gehört, die im Mittelalter aus dem Boden schießen.

Dank ihrer günstigen Lage mitten in einer von den letzten Hängen des Quercy und dem Tarn begrenzten Aufschüttungsebene kommt die Abtei zu Wohlstand und ist für die Barbarenhorden, die über diese reichen Landstriche herfallen, eine leichte Beute.

Die vom nahe gelegenen Fluss hierher geführten Normannen, von Cordoba aus ins Feld ziehende Sarazenen, und schreckliche, als Menschenfresser verschriene Ungarn benutzen diese großen Verkehrswege, die sie direkt vor die Tore Moissacs führen.

Die prächtigen Steinmauern der Abtei, die eines der außergewöhnlichsten Beispiele des romanischen Baustils ist, werden im 11. und 12. Jh. errichtet.

Über dem als Portalvorbau ausgeführten Glockenturm liegt ein Wehrsaal mit Sterngewölbe.

Das skulptierte Portal ist ein Meisterwerk der romanischen Kunst in Frankreich.

In der Mitte des Tympanons sitzt ein thronender Christus, der in ein langes, mit Volants besetztes Gewand, das geschmeidige Falten wirft, gekleidet ist.

Mit mysteriösem Blick präsentiert er mit der einen Hand das Heilige Buch und segnet mit der anderen die Gläubigen. Um ihn herum verrenken sich vier Fabelwesen zu komplizierten Figuren und richten dabei ihren stechenden Blick auf die zentrale Christusfigur.

Man erkennt in ihnen die symbolhafte Darstellung der vier Evangelisten: Der hl. Markus ist der Löwe mit den hochgezogenen Lefzen, der hl. Matthäus die menschliche Gestalt mit dem Heiligenschein, der hl. Johannes der Adler mit dem herrlichen Federkleid und der hl. Lukas der brüllende Stier.

Die Edelsten unter den Engeln, zwei Seraphim mit großen Flügeln, entrollen darüber Spruchbänder und stimmen einen Lobgesang auf Gott an.

Doch die außergewöhnlichste Szene bilden jene kleinen, mit einer goldenen Krone geschmückten Greise, die brav auf ihrem Thron sitzen und als Symbol für die im Himmel herrschende Glückseligkeit eine Viola und ein mit Parfum gefülltes Schälchen tragen.

Alle Köpfe, alle Blicke sind Christus zugewandt und lenken unsere Aufmerksamkeit so auf den zentralen Messias.

Nicht das kleinste Fleckchen Stein wurde im Rohzustand belassen. Der ganze Raum bis hinauf zum großen Rundbogengewölbe wird von Skulpturen in Form von geometrischen Friesen, Blumen- und sogar Tierfriesen eingenommen, wie eine lange Reihe winziger Tiere auf den Bogenläufen beweist.

Aus dem Maul zweier Monster treten schöne Rosetten in Form von Distelblüten.

Das Portal ist von ausgesuchter Schönheit. Auf dem Mittelpfosten sind die zarten Körper von drei Raubtierpaaren ineinander verschlungen und bilden so ein äußerst elegantes Motiv.

Links und rechts des Mittelpfostens erblicken die Gläubigen zwei Flachreliefs. Links werden sie vom hl. Paul begrüßt und rechts vom berühmten Jeremias, der mit seinen bis auf die Schultern fallenden Haaren, seinem leicht gewellten, fein gesträhnten Bart dargestellt ist.

Er kreuzt schüchtern seine Beine, hält ein Spruchband in den Händen und sieht uns mit dem traumverlorenen Blick himmlischer Glückseligkeit an.

Die Festons, die die Widerlager des Portals schmücken, sind von seltener Eleganz und bringen die vollkommen skulptierten Seitenpartien ganz zur Geltung.

Laster und Tugend stehen sich gegenüber. Links ist Jesu Leben dargestellt, von der Flucht aus Ägypten bis zu den drei Weisen aus dem Morgenland.

Rechts die Hölle mit ihren schrecklichen Qualen, Teufelsfratzen und den schlimmen Gefahren, die armen, verirrten Seelen drohen.

Das Dekor der Abteikirche von Moissac diente vor allem pädagogischen Zwecken und gleicht einer riesigen Steinbibel.

Die oftmals nicht sehr gebildeten Gläubigen sollten in den Grundlagen des Glaubens unterwiesen werden, der damals eine Mischung aus Übernatürlichem und moralisierender Fabel war und so jene einfachen Seelen in seinen Bann zog.

Auch innen ist die Kirche prächtig, gleichwohl hier ihr gotischer Charakter stärker zum Ausdruck kommt. Der Narthex vor dem Schiff ist mit recht beeindruckenden, wuchtigen Kapitellen ausgestattet, wie etwa jenem mit den Wölfen, die erbittert um ein Schaf kämpfen.

Das Schiff, das ursprünglich mit einem blauen Rautenmuster auf gelbem Grund ausgemalt war, ist seit seiner Restauration in warme Farbtöne eingehüllt und sehr klar.

In der ersten Seitenkapelle auf der rechten Seite des Schiffes werden in einem aus dem 18. Jh. stammenden, fein ziselierten Reliquienschrein aus vergoldetem Holz Reliquien des hl. Zyprianus aufbewahrt.

Etwas weiter steht eine aus dem 15. Jh. stammende, zerbrechliche Skulptur aus bemaltem Holz, die die Flucht nach Ägypten darstellt.

Ein kleiner, grauer Esel trägt eine Jungfrau mit zarten Gesichtszügen, die in einen schweren, blauen Umhang gehüllt ist und deren artig gedrehten Haare von einer goldenen Krone gehalten werden.

In ihren Armen hält sie das vollkommen nackte Jesuskind, das sich mit seinem kleinen Händchen an der Bluse der Mutter festklammert.

Diese Szene ist von fesselndem Liebreiz.

Ein Christus aus bemaltem Holz, der aus der gleichen Zeit wie das Tympanon stammt, gleicht dem heiligen Paulus und dem Propheten Jeremias, die schon am Eingang der Kirche bewundert werden konnten.

Das Kreuz und der Baum des Lebens, auf dem es sich erhebt, sind jüngeren Datums. Auf der anderen Seite des Schiffes erkennt man auf dem Orgelgehäuse das Wappen des Kommendatarabtes von Moissac, Kardinal Mazarin.

Ganz in der Nähe steht ein aus sehr reinem Pyrenäenmarmor hergestellter merowingischer Sarkophag, der auf zwei korinthischen Kapitellen aufliegt. In der Mitte des Motivs trinken zwei winzige Tauben aus einem kleinen Kelch.

Beim Chor erinnert eine weitere mehrfarbige Skulptur an die Grablegung Christi.

Der magere, blasse Christus wird von zwei Personen, die sein Leichentuch halten, vorsichtig in den Sarg gebettet.

Die Jungfrau Maria steht leicht gebeugt mit gefalteten Händen da und wird dabei vom hl. Johannes gestützt.

Zwei heilige Frauen benetzen ein kleines, besticktes Taschentuch mit ihren Tränen.

Auf der rechten Seite erkennt man Maria Magdalena mit ihrem langen, in Locken über ihre Schultern fallenden Haar, die ein Gefäß mit Parfum trägt.

Das Schmuckstück der Abtei ist und bleibt natürlich der an die Abteikirche angrenzende Kreuzgang.

An diesem Ort der Andacht ergänzen sich die Schönheit des Dekors und die seit jahrhunderten herrschende Stille in vollkommener Harmonie.

Es handelt sich um einen der ältesten romanischen Kreuzgänge Frankreichs.

Sein Baudatum ist auf dem Mittelpfeiler der Westgalerie eingraviert: "Im Jahre 1100 der Menschwerdung des ewigen Vaters".

Die 118 Pfeiler reihen sich um einen zartgrünen Rasen, der die fein ziselierten Ornamente an den Arkaden und Kapitellen schön zur Geltung bringt.

An den vier Ecken und in der Mitte der Galerien stehen Pfeiler aus grauem Marmor, auf denen die heiligen Apostel und die Äbte, die die Geschichte der Abtei geprägt haben, dargestellt sind, so etwa Durand de Bredos, der in Moissac die Ordensregel von Cluny einführte.

Auf dem Mittelpfeiler der Westgalerie erkennt man Abt Ansquitil, den Erbauer des Kreuzgangs, und auf einer Seite einen Krummstab, der extrem stilisiert dargestellt ist.

Die sehr ausladenden Kapitelle sind mit kompliziert ornamentierten Friesen aus Laubwerk und wunderbar gleichmäßigen Arabesken verziert.

Als Themenfundus dienen natürlich die großen Evangelien, aber auch einige berühmte Szenen aus dem Alten Testament.

So erkennt man Daniel mit zum Himmel erhobenen Händen, der trotz der beiden Raubtiere, die in der Löwengrube um ihn herumschleichen, ruhig und gelassen bleibt.

Einige Kapitelle haben während der Französischen Revolution arg gelitten, denn hier einquartierte Soldaten wussten nichts Besseres zu tun, als mit voller Wucht auf die Gesichter der Steinfiguren einzuschlagen.

Doch der Kreuzgang von Moissac bleibt nichts destoweniger ein Juwel der romanischen Baukunst.