Schuldnerstein von Nizza
Die Gläubiger des alten Nizza waren gutmütiger und nachsichtiger als ihre Zeitgenossen. Wo andernorts im Mittelalter der Schuldturm drohte, kannte man in Nizza eine originellere und versöhnlichere Methode, um den Zorn unbefriedigter Gläubiger zu beschwichtigen: den Schuldnerstein.
Vom Balkon des Nizzaer Rathauses konnten die Senatoren zu einer Zeit, da Nizza wieder an Frankreich zurückfiel, noch Zeugen eines höchst erstaunlichen Schauspiels werden: Da führten Gendarme ein armes, bis über die Ohren verschuldetes Bäuerlein herbei und zwangen es, die Hosen herunterzulassen.
Dann wurde der Delinquent nicht eben sanft auf den großen Stein gestupft. Nach vollzogener Prozedur galten die Schulden als getilgt, und die Gläubiger hatten sich damit zufriedenzugeben.
Vor hundert Jahren hatte dieser beinahe schon liebevolle Brauch keine Gesetzeskraft mehr. Das einst so weise Völkchen von Nizza war nicht mehr gesonnen, den Wert des Geldes einem handfesten Spaß unterzuordnen.
Den Schuldnerstein aber kann man heute noch in einer Ecke des Museums Massena an der Promenade des Anglais aufstöbern.
|