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Pilgern in Frankreich

 

 

 

Autun

Sucht man in Autun nach den Spuren romanischer Vergangenheit, so wird man reichlich belohnt: die ganze Stadt gleicht einem Museum, und gilt nicht umsonst als eines der wichtigsten Zentren romanischer Kunst im Burgund.

Im 11. Jahrhundert sollen die Gebeine des Heiligen Lazarus, der mit den heiligen Marien über das Mittelmeer kam und in Marseille starb, von dem sagenumwobenen Girard de Roussillon nach Autun gebracht worden sein.

Von ihrem ursprünglichen Aufenthaltsort, der Kirche Saint-Nazaire, ist heute nichts mehr erhalten. Sie mag die Vorläuferin der Kathedrale Saint-Lazare gewesen sein, die man eigens zu Ehren der Reliquien zwischen 1120 und 1140 errichtet hat.

Im Grundriss und den äußeren Maßen noch ganz der klassischen Antike verhaftet, bildet sie im Innern eines der wunderbarsten Beispiele romanischer Sakralbaukunst, von eigentümlicher Kraft und einem fast gotisch zu nennenden Höhenstreben.

Sie ist im Wesentlichen das Werk des Meisters Gislebertus, der vor allem mit der Schaffung des grandiosen Tympanons zu unsterblichem Ruhm gelangte.

Die Kathedrale Saint-Lazare war von Anfang an eine Wallfahrtskirche, allerdings von besonderer Art.

Die Pilger, die hier zusammenkamen, waren nicht jene vom Glauben erfüllten Wanderer auf dem Weg nach Santiago, sondern die Elenden, von der menschlichen Gesellschaft ausgestoßenen Leprakranken, die sich von ihrem Schutzpatron, dem Heiligen Lazarus das Wunder der Heilung erhofften.

In den Leprosorien der Vorstädte aufgesammelt, von Landreitern mit Speeren auf Distanz und gleichzeitig zusammengehalten, wurde die Schar der Armseligen zu der ihr bestimmten Vorhalle getrieben, über der sich das Tympanon des Gislebertus erhebt.

Und das, was sie dort erblickten, war kein Gnadengeschehen, keine Verheißung von Trost und keine Verkündigung des Heils, das ihnen nach den kirchlichen Gesetzen ohnehin abgesprochen wurde. Es war das Bild des Schreckens und der Verdammnis des Jüngsten Gerichts, ein Abbild ihrer eigenen, im Diesseits wie im Jenseits aussichtslosen Existenz.

Dass dieses einmalige Tympanon überhaupt erhalten blieb, ist einem künstlerischen Unverstand des 18. Jahrhunderts zu verdanken: Aus Unbehagen über die allzu deutliche Bildersprache mit ihrer drastischen Darstellung des Elends, wurde es kurzerhand eingegipst und im Geschmack der Zeit überarbeitet - und somit unabsichtlich vor den Zerstörungen der Revolution bewahrt.

Selbst der abgeschlagene Christuskopf fand sich auf wundersame Weise wieder und konnte nach der Freilegung an der alten Stelle eingesetzt werden.

Dieses Tympanon, in seiner gesamten Anlage ähnlich dem von Vezelay, hat nichts Erlösendes, Liebliches, es ist vielmehr ein Dokument des Grauens von bestürzender Eindringlichkeit. All dies ist mit einer unglaublichen Kunstfertigkeit geschaffen, und was dereinst furcht erregende Mahnung war, ist heute eines der großartigsten Beispiele romanischer Kunst.

 

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