Pierre Auguste Renoir
25.2. 1841 - 17.7. 1919
Pierre Auguste Renoir war von einer solchen Leidenschaft des Malens besessen, dass er sich noch zur Arbeit zwang, als seine Hände, durch eine Krankheit verkrüppelt, Stift und Pinsel nicht mehr halten konnten.
So ließ er sich das Werkzeug an die Arme binden, um seine malerischen Lobgesänge auf die Schönheit zu vollenden.
Von allen Malern des französischen Impressionismus und Nach-impressionismus war Renoir der leichteste und unbeschwerteste.
Tragische Konflikte erfuhr er zwar in seinem Leben, nicht aber in seiner Kunst.
Vor dem Zusammenbruch der Welt im ersten Völkerkrieg schaffte dieser sinnenfrohe Maler noch einmal ein irdisches Paradies mit bezaubernd zarten, "schattenlosen" Farben.
Renoir hat vor allem Frauen gemalt, Akte im Freien, Badende, Frauen in der lyrischen Stimmung der Erwartung, der Hingegebenheit an den Augenblick oder in mondäner Gelassenheit.
Aber auch heiter bewegte Blumen in milden Kontrasten zu den Hintergründen, das Spiel des Wassers, in Farbklängen verdämmernde Landschaften.
Der Sohn eines Schneiders und Porzellanmalerlehrling war schon früh abseits aller "bürgerlichen" Berufsarbeit ganz der Malkunst verfallen und bewegte sich sicher unter den Großen des Impressionismus.
Als er in Italien Raffael und in Pompeji das römische Freskenbild erlebte, verzichtete er auf die impressionistische Freizügigkeit und Gelockertheit, zwang sich zu festerem Bildgefüge und reifte zur Harmonie von Farbe und Linie; aber auch in dieser späteren Zeit bleibt er noch dem Liebeswerben, Beglückenden, Helltönenden hingegeben.
Weniger glücklich war er bei den bildhauerischen Bemühungen; doch auch hier bleibt er ganz den Sinnen verhaftet.
Die üppig quellende Lebensfreude, die er verkündete, ging mit seinem Tod der großen europäischen Malerei verloren.
en Detail
Von 1854 bis 1858 schicken seine Eltern Renoir in ein Atelier für Porzellanmalerei. Abends belegt er die Kurse für Zeichnen und dekorative Kunst in der Schule an der Rue des petits Carreaux.
1862 schreibt er sich an der Académie Gleyre ein, macht die Bekanntschaft von Bazil-le, Manet und Sisley und nimmt wie sie die Gewohnheit an, in Chailly (Wald von Fontainebleau) nach der Natur zu malen.
Er begegnet Diaz de la Pena, der ihm rät, seine Palette aufzuhellen. Zum Salon von 1864 wird er zwar zugelassen, aber die sehr von Courbet beeinflußte „Auberge de la mère d'Anthony" (Stockholm, Nationalmuseum) wird 1866 abgelehnt.
1869 geht er mit Monet nach Bougival und malt dasselbe Sujet wie er: „Der Froschteich" (Winterthur, Sammlung Reinhart). Um die Lichtreflexe auf dem Wasser wiederzugeben, erfinden die beiden den impressionistischen „touche fragmentée", den aufgesplitterten Farbfleck, der ihnen erlaubt, die Zeichnung zugunsten der reinen Farbe zu vergessen.
In der Folge wendet er diese Technik auch bei den Landschaften an, die er gemeinsam mit Monet in Argenteuil malt („Die Seine bei Argenteuil", 1873, Portland/USA, Kunstmuseum). Aber anders als sein Malerfreund gibt Renoir die menschliche Gestalt nicht auf, indem er die impressionistischen Prinzipien auf sie anwendet: „Madame Monet auf einem Sofa liegend", 1872, Lissabon, Stiftung Gulbenkian), „Die Loge" (1874, London, Courtauld Institute).
Im Exterieur ist er bei seinen von vielen Personen belebten Genreszenen bemüht, die Effekte des durch das Laubwerk spielenden Lichtes wiederzugeben: „Tanz in der Moulin de la Galette" (1876, Paris, Museum des Impressionismus). Die Atmosphäre seiner Bilder wird unfühlbar duftig, die Farben bleiben lebhaft, und das Schillern der Roben kommt neben der schwarzen männlichen Kleidung voll zur Geltung.
Die Kritik ist ihm aber nicht gutgesinnt und vergleicht den „Torso einer Frau in der Sonne" mit dem eines Leichnams (Impressionistische Ausstellung von 1876, Paris, Museum des Impressionismus). Renoir lernt Georges Carpentier kennen und wird in den mondänen Salon dieses Herausgebers eingeführt.
Um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, malt er viel Porträts: „Jeanne Samary" (1878, Leningrad, Eremitage), „Madame Charpentier und ihre Kinder" (1879, New York, Metropolitan Museum).
Diese beiden Bilder werden im Salon von 1879 angenommen, und zweifellos in der Angst, sich zu kompromittieren, lehnt Renoir es ab, an der impressionistischen Ausstellung teilzunehmen. Ebenso verhält er sich 1880 und 1881.
Um diese Zeit malt er übrigens eines seiner letzten impressionistischen Werke, „Das Frühstück der Ruderer" (1881, Washington, Sammlung Phillips). Im gleichen Jahr reist Renoir nach Italien, und der Weg von Venedig nach Palermo hat entscheidenden Einfluß auf seine Kunst.
In Rom studiert er leidenschaftlich Raffael, und überzeugt, daß sich in der „bewundernswerten Schlichtheit und Größe" des Meisters der Stanzen das findet, was von „Noblesse" noch übrig ist, beschließt er, sich vom Impressionismus abzuwenden.
Als er wieder in Frankreich ist, malt er zusammen mit Cézanne ein letztes Bild nach den Prinzipien dieser Schule („L'Esta-que", 1882, Boston, Museum of Fine Arts), dann nimmt er an der impressionistischen Ausstellung von 1882 teil. Aber er stellt fest, daß er „weder malen noch zeichnen" kann, und beginnt 1883 mit dem, was er selbst seine „maniere aigre" nennt.
Er will der Zeichnung unbedingtes Vorrecht einräumen und malt als Übergang zu seiner neuen Manier „Tanz in Bougival" (1883, Boston, Museum of Fine Arts) und „Städtischer Tanz" (1883, Paris, Museum des Impressionismus).
Als großer Bewunderer des 18. Jahrhunderts und Bouchers malt er die repräsentativsten Werke der Zeit von 1884 bis 1887: „Die Großen Badenden", die unmittelbar von einem Relief Girards in Versailles angeregt sind.
Trotz seines Erfolges erlebt er im Herbst 1888 eine neue Krise, denn er muß sein Temperament zügeln, um die Vorherrschaft der Linie über die Farbe zu erkämpfen. Die Perlmutt-Töne machen seine Ausdrucksfähigkeit geschmeidiger.
Er widmet sich fast ausschließlich dem weiblichen Akt: „Die junge Badende" (1892-1893, New York, Sammlung Lehmann), „Die drei Badenden" (1897, Cleveland, Kunstmuseum), „Die eingeschlafene Badende" (1897, Winterthur, Sammlung Reinhart).
Neben diesen üppigen, sinnlichen Akten malt er Porträts seiner Kinder voller Zärtlichkeit, besonders von Claude, genannt Coco („Cocos Lesestunde", um 1906/1907, Merion/USA, Stiftung Barnes) und von seiner Dienerin Gabrielle („Gabrielle mit der Rose", 1911, Paris, Museum des Impressionismus). Im Jahre 1903 richtet sich Renoir in Cagnes-sur-Mer ein. Eine neue Leidenschaft hat ihn gepackt: die Skulptur.
Seine Gehilfen Guini und Morel modellieren den Ton nach seinen Angaben. Seine Malerei erreicht eine bis dahin unbekannte Monumentalität („Die Badenden", 1918-1919, Paris, Museum des Impressionismus).
Gleichzeitig bricht bei ihm eine für einen Greis an der Schwelle des Todes beispiellose Lebensfreude aus, eine Freude, die letzten Endes sein Werk beherrschte.
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