Robert Louis Stevenson
 
 
 
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Robert Louis Stevenson

 

 

 

 

Robert Louis Stevenson wanderte 1878 mit der Eselin Modestine durch die Cevennen. Die abgelegene Bergregion lockt auch heute Abenteurer und Aussteiger an.

Von Karin Kura

Wo parkt man einen Esel, mittags, nach einigen Kilometern Wanderung, wenn man hungrig ins Restaurant stürzen möchte? An der Apotheke! Die Apotheke in La Bastide hat einen Vorplatz mit Zaun, dort binden wir die Esel fest. So stehen sie da, Kenett und Lustik, unter der grün blinkenden Reklame. Kenett ist grau, kommt aus der Provence, Lustik ist braun, kommt aus den Pyrenäen. Und wir, wir suchen das Esel-Abenteuer in den südfranzösischen Cevennen.

Ein Abenteuer war es auch 1878 für den Schotten Robert Louis Stevenson, Autor der "Schatzinsel" und Erfinder von "Dr. Jekyll und Mr. Hyde". Er wanderte mit der störrischen Esel-Dame Modestine zwölf Tage lang durch die Cevennen, 220 Kilometer von Le Monastier bis St.-Jean-du-Gard. Heute folgt ein rot-weiß gekennzeichneter Wanderweg (GR 70) seiner Route.

Seine tierische Bekanntschaft verarbeitete der damals 27Jährige zur "Reise mit dem Esel durch die Cevennen", eines von Stevensons weniger bekannten Büchern, stilistisch meisterhaft.

Über sein Verhältnis zu den Einheimischen schrieb er: "Man betrachtete mich mit geringschätzigem Mitleid wie einen, der sich eine Mondreise vorgenommen hat, und zugleich mit respektvollem Interesse wie einen, der im Begriff ist, zum Nordpol aufzubrechen."

Stevenson war ein Aussteiger, Konventionen kümmerten ihn kaum. Meist schlief er unter freiem Himmel, erlebte Vollmondnächte unter Kastanienbäumen und blutrote Sonnenaufgänge über den scheinbar endlosen Gebirgsketten der Cevennen. Vor allem aber war er damit beschäftigt, seine dickköpfige Begleiterin anzutreiben - manchmal konnte er sie nur, wie er schreibt, mit vorsichtiger Gewalt zum Weitergehen bewegen.

Auch heute, 124 Jahre später, sind die Cevennen ein Reiseziel für Aussteiger, die die Ruhe suchen.

"Le temps perdu", verlorene Zeit, heißt irgendwo unterwegs eine Kneipe. Zeit löst sich auf in dieser Gegend. Auch Handys sind chancenlos - weil ohne Empfang - in den abgeschiedenen Tälern.

Abends ersetzt der phantastische Blick aus dem Fenster des Hotelzimmers den Fernseher. Besonders schön ist der Cevennen-Blick in Finiels, ein Ort mit genau fünfzehn Einwohnern.

Und einem Gästehaus. Dort legt Jacqueline Gazin großen Wert auf das gemeinsame Abendessen: "Wir wollen unsere Gäste kennen lernen, und das geht am besten beim Essen." Mühelos zaubert sie dann ein herrliches Gratin für zwölf Personen auf den Tisch.

Das alte Wegenetz ist in den Cevennen noch weitgehend vorhanden, die Maultierpfade und Kutsch-Wege. "Klack, klack", klingen die Hufe auf dem Asphalt. Nur wenige Straßen zerschneiden die Wanderroute. Wir laufen im Schnitt zwanzig Kilometer am Tag und haben viel Zeit, unsere Esel zu beobachten. Lustik schnaubt öfter mal, Kenett nie. Ein "ii-ah" scheint beiden gänzlich fremd zu sein. Lustik stellt die Ohren wie eine Schere auseinander, Kenett rupft am liebsten Gräser und Bergkräuter beim Gehen. Gern stehlen sie sich auch mal nachts vom Hof, um sich heimlich Grünzeug aus Nachbars Blumenbeet einzuverleiben.

Auch sonst sind unsere Begleiter, ganz wie Stevensons Modestine, ausgesprochen eigensinnig. Sie mögen zum Beispiel keine Pfützen. Sie trotten stur rundherum - dass wir, die wir neben den Tieren wandern, bei deren Ausweichmanövern ins Nass abgedrängt werden und uns feuchte Füße holen, ist ihnen völlig egal. Dann kommt ein Bach. Ziehen ist zwecklos, das musste auch Stevenson erfahren. Zu zweit von hinten schieben, das hilft. Einfacher ist es, die Dickköpfe mit einer Mohrrübe oder einem Zuckerstückchen zu locken.

Wir kommen an Höfen mit verwitterten Schieferdächern vorbei. Pferde auf den Koppeln begrüßen freudig unsere Begleiter. Menschen begegnen uns dagegen kaum, die Cevennen-Landschaft im Departement Lozère zählt zu den einsamsten in Frankreich. Auf dem Mont Lozère, den die Esel nicht gerade mit Begeisterung besteigen, erwartet uns auf beinahe 1700 Metern Höhe, wo die Flüsse Lot und Tarn entspringen, ein wunderschönes Bergpanorama. Im südlichen Teil der Cevennen haben sie wilde Schluchten in den Stein gegraben, hier sieht es ein bisschen nach Grand Canyon aus.

Südlich vom Mont Lozère liegt das Gebiet der Camisarden, der Protestanten des Languedoc.

Knapp zwei Jahrhunderte vor Stevensons Wanderung wurden sie wegen ihres protestantischen Glaubens von Ludwig XIV. reihenweise verfolgt und ermordet. Stevenson, selbst calvinistisch-puritanischer Herkunft, setzte diesen Opfern eines religiösen Fanatismus mit seinem Buch ein literarisches Denkmal.

Leider keines für die Ewigkeit: Seine "Reise mit dem Esel durch die Cevennen" ist im Buchhandel vergriffen und nur noch im Antiquariat zu haben.