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Francois Villon
1431 - nach 1463
In dem gleichen Jahr, in dem die Engländer in Rouen die Jungfrau von Orleans verbrannten, wurde in Paris als armer Leute Kind der größte Dichter des späten französischen Mittelalters geboren, von dem man nicht einmal weiß, wie er wirklich hieß.
Den Namen Villon entnahm er, der früh seinen Vater verloren hatte und in der Obhut der wahrscheinlich sehr einfachen Mutter aufwuchs, gemäß der Sitte der Zeit dem Adelstitel seines reichen priesterlichen Gönners, der ihn studieren ließ.
Als er Magister geworden war, geriet er - liederlich und willensschwach - in dieser durch den hundertjährigen englisch-französischen Krieg verwilderten Zeit ins Netz von leichten Mädchen, Saufbolden und Verbrechern.
Beim Raufen tötete er einen Menschen, floh, wurde begnadigt, stahl die Kasse der theologischen Universität, irrte als Landstreicher umher, saß 1461 wegen Einbruchs im Kerker zu Meung, kam nochmals frei, erlitt zwei Jahre später in Paris nach einer blutigen Schlägerei die Folter, hörte sich sein Todesurteil an und fand zum dritten mal Gnade.
Ausgewiesen, zog er in die weite Welt.
Wo und wann er starb, ist unbekannt. Villon war, unberührt von der in seiner Zeit aufdämmernden Renaissance, im Grunde ungeistig; und doch war er ein begnadeter Dichter, ausgeliefert seinem wilden Herzen, dem Hass, der Liebe, der Lust, dem Jammer, der Reue.
In den Strophen und Balladen der beiden Hauptwerke, im "Kleinen Testament" und "Großen Testament", öffnet ,sich in einer herrlichen, klingenden, großartigen Sprache eine Welt der Gefühle, der schmerzvollen Menschheit Konterfei, "Lust und Klage seines zertretenen Lebens".
Es gab nie einen genialeren Vaganten, nie einen echteren von so eigenwüchsiger, unvergleichlicher Melodie.
Wir besitzen ausgezeichnete deutsche Nachdichtungen seiner Verse.
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