Lieferinxe, Josse (von seiner ersten Nennung 1493 bis zu seinem Tod um 1505/08 in Marseille).
Der letzte große Maler der Schule von Avignon stammt aus Flainaut und tritt erst kurz vor seinem Tod in Marseille in Erscheinung. 1497 beauftragt die Bruderschaft de Saint-Sebastien de Notre-Dame des Accoules von Marseille ihn und Simondi du Piemont, einen Altaraufsatz mit dem ,,Martyrium des hl. Sebastian" zu malen.
Da Simondi 1498 stirbt, übernimmt Lieferinxe diese Aufgabe allein. Die sieben Bilder, die uns von dieser Altarwand überliefert wurden, sind heute in alle Welt zerstreut (Philadelphia im Kunstmuseum und der Sammlung Johnson, in Baltimore in der Walters Art Gallery, in Leningrad in der Eremitage, in Rom in der Galleria Nazionale und der Galleria Barberini).
Man schreibt Lieferinxe auch einen,,Kalvarienberg" (Paris, Louvre) und eine ,,Pietä" (Antwerpen, Königl. Museum der Schönen Künste) zu sowie vier weitere Bilder zum Leben Mariens: ,,Die Vermählung der Jungfrau" (Brüssel, Königl. Museum der Schönen Künste), "Verkündigung" und "Kreuzigung" (Avignon, Museum im kleinen Palast) und "Geburt Christi" (Paris, Louvre).
Obwohl er vom flämischen Realismus beeinflußt ist, hat Lieferinxe die Lehren der großen Meister von Avignon verstanden: kräftiges Licht, klar definierte Körper und grundsätzlich monumentale Kompositionen.