|    Das Elsass / Märchen und Legenden
         Märchen und Legenden aus dem Sundgau und anderswoher.  Wenn jemand mitten in der Nacht mit schrecklicher Angst aufwacht, Schweiss auf der Stirn, einen stechenden                Schmerz im Hals oder in der Brust verspürt, sich jedoch nicht bewegen und auch nicht schreien kann, ist ganz                bestimmt das Doggele am Werk.  Wenn Säuglinge im Schlaf schreien und ihre kleinen Fäuste krampfhaft auf der Brust zusammenballen, sind sie vom Doggele besessen. Schnell also ein Kreuzzeichen schlagen und ein                Stossgebet an die heilige Agathe aussprechen und das Doggele zieht sich besiegt zurück. Passt allerdings gut auf, wenn es einmal den Weg gefunden hat, kommt es auch wieder. Stellt hinter die Tür                einen Besen mit dem Besenteil nach oben und sagt dreimal „Segne Gott!" Ihr könnt dem Kind auch ein Säckchen mit lebenden Kellerasseln um den Hals binden und unter die Malratze ein Zweiglein Johanniskraut legen. Das Doggele ist eine Art Zwerg mit faltenzerfurchtem Gesicht, blassblauen wässrigen Augen und einem grossen                Mund voll spitzer Zähne, die über die Lippen ragen. Seine graue Haarpracht reicht bis zu den Fersen und                fliegt, wenn es rennt in alle Richtungen. Seine Füsse machen "tack-tack" wie die eines Skeletts, man sagt                ausserdem, dass sie behaart sind.  Seine Hände sind nur Haut und Knochen, die Fingerspitzen enden in                Katzenkrallen, die sich an einem festhaken können. Das Doggele trägt ein weisses Gewand . Manchmal, wenn ihr euch des Nachts auf der grossen Strasse befindet - Hopp! - springt es aus dem Busch auf die Brust oder auf                den Rücken und saugt das Blut bis zur Ohnmacht aus den Adern. Obwohl es bereits klein ist, kann es noch                zusammenschrumpfen bis es durch ein Katzentürchen oder gar ein Schlüsselloch passt. Wenn ihr nachts im Pferdestall einen Höllenlärm vernehmt, ist's bestimmt das Doggele, das von einem Pferd zum                andern springt, an den Tieren saugt, die Geschirre klirrend auf die Erde wirft, das Stroh aus den Krippen zerrt, darauf herumtrampelt und mit gelblichem Gesabber bekleckert.  Hört ihr Hühner kreischen, rennen die Gänse                flügelschlagend hin und her? Dann zieht sie das Doggele am Schwanz, einfach so zum Vergnügen, aus purem                Übermut. Verringert sich euer Milchvorrat? Wenn ja, dann hat das Doggele ihn getrunken.  Eigentlich passiert das selten, weil dieser heisshungrige Vampir warme Milch und warmes Blut bevorzugt. Wenn es sie kalt trinkt,                dann nur, weil es vor Durst fast umkommt und überall mit Kreuzzeichen oder hinter der Tür aufgestellten Besen verjagt worden ist.     |