|    Das Elsass / Märchen und Legenden
         Märchen und Legenden aus dem Sundgau und anderswoher.  Die Herkunft der Wivre verliert sich in Urzeiten. Melusine ist ihre Königin. Sie ist eine geheimnisvolle Fee  und wundervoll Badende. Die Wivre erscheint in unterschiedlicher Form: als „Drache", dessen Körper von der Grosse einer Riesenschlange mit Schuppen bedeckt und mit den Flügeln eines Vogels ausgestattet ist, oder als „Schönheit",  als junge Frau von blendender Schönheit.
 Beide Gestalten tragen auf der Stirn einen Karfunkel, einen funkelroten Edelstein. Sie sind so faszinierend,                dass sie das Gras und die Bäume wachsen hören, sie erkennen das Lied der Wolken und verzaubern für immer diejenigen, die ihnen begegnen. Zur Zeit als die Franche-Comte der Krone Spaniens unterstand, gab es einen jungen Mann aus dem Jura, der auf                keinen Fall Franzose werden wollte und einen Aufstand unter der Bergbevölkerung organisierte.  Es ging das                Gerücht um, dass seine Eltern ihn einem Wesen, einer Wivre geweiht hatten und diese ihn beschützte. Sein Name                „Lacuzon" stammte tatsächlich von seiner Beschützerin. Sein richtiger Name war Jean-Claude Prost. Da das                Wesen ihm allerdings jedesmal zu Hilfe kam, wenn Lacuzon sich in Gefahr befand, und rief: „La cuzon, la                cuzon, gib acht!" „La cuzon" heisst in der bäuerlichen Sprache des Jura „Wachsambleiben" - hiess schliesslich auch er so, obwohl er seine Rettung meist nur dem Einschreiten seiner Wivre verdankte. Im  Jahre   1640  leistete  der  Hauptmann  Lacuzon  drei Wochen lang im Schloss Montaigu Widerstand. Es war vom Grafen von Corval, dessen Armee grosse Verluste erlitten hatte, belagert. Obwohl seine Feinde Massnahmen ergriffen hatten, um ihn nicht entkommen zu lassen, kam ihm bei Übernahme des Schlosses die Wivre wieder einmal zu Hilfe. Vor den staunenden  Franzosen, die ihren Augen nicht trauten, flog Lacuzon auf dem Rücken der Wivre davon," wie ein leuchtender Meteor auf einer Wolke aus Goldstaub und Feuer." Lange Zeit später, im 19. Jahrhundert, fand man das Skelett des wackeren Hauptmanns mit einer spanischen Uniform und einem Schwert in der Grotte von  La  Franee,  der geheimnisvollen Höhle der Wivre.     |