Nördliche Weinstrasse im Elsass
So unscheinbar sie auch ist, die nördliche Route du vin zwischen Wissembourg und Soultz-sous- Forets, so ernst sollte man sie als angenehme Ergänzung zu ihrer großen Schwester (der eigentlichen Route du vin) durch das mittlere und südliche Elsass nehmen.
Während letztere vor allem entlang der Hauptroute von Touristen und Reisebussen geradezu überrannt wird, findet man auf der nördlichen Weinstraße wirklich noch unverfälschte, stille Winzerdörfer.
Gewiss, auch hier schauen Reisende vorbei, auch hier bemerkt man, wie sich das eine oder andere Dorf zur Reisezeit ganz besonders schön herausputzt.
Doch noch ist im hügeligen Winzerland um Cleebourg die Tradition so stark, dass diese Miniregion nichts von ihrem ursprünglichen Charme eingebüßt hat.
Wer mag, kann die ganze nördliche Weinstraße leicht innerhalb von zwei Stunden abfahren - doch wer sich einen Tag dafür Zeit nimmt oder gar zwei, hat sehr viel mehr davon.
Die Route selbst beschreibt einen Kreis, dessen Ausgangs- und Endpunkt Wissembourg ist.
Zunächst verlässt man Wissembourg in Richtung Süden, um nach Oberhofen zu gelangen.
Dort wendet man sich nach links und kommt über Steinseltz (in der Nähe liegt der Geisberg, an dem am 4. August 1870 mit der Schlacht von Weißenburg der Krieg zwischen Frankreich und Deutschland begann) nach Riedseltz.
Weiter geht es über das Weindörfchen Ingolsheim (von hier lohnt ein zehnminütiger Abstecher nach Hunspach, das als eines der schönsten und geschlossensten Fachwerkdörfer im Elsass gilt) nach Schoenenbourg.
Sehenswert ist hier vor allem ein weiteres Relikt kriegerischer Auseinandersetzung zwischen Frankreich und Deutschland.
Die schmale und endlos wirkende lange Kaserne, in der sich zu Beginn des Zweiten Weltkriegs die Besatzungen der Maginot-Linie aufhielten, die hier bei Schoenenburg besonders stark ausgebaut war.
Zum Glück erinnert diese Gegend heute nicht nur an den Krieg, sie birgt auch die Zeichen der Versöhnung: Eine Reihe von Weinbergen westlich von Schoenenbourg gehören deutschstämmigen Winzern aus der Pfalz.
Man fährt nun weiter südlich ins Städtchen Soultz-sous-Forets (das deutsche Sulz unterm Wald) mit seiner malerischen Altstadt, wo man nach Westen in Richtung Merkwiller-Pechelbronn abbiegt.
Dieser Ort gehört nicht unmittelbar zur Route du vin; sehenswert ist er einer anderen Eigenschaft wegen - bis vor dreißig Jahren war er noch die Erdöl-Metropole des Elsass!
Der Ungläubige mag sich im Erdölmuseum umsehen, das von April bis Oktober jeden Sonntagnachmittag geöffnet hat.
Schon im Mittelalter schmierten die Bauern ihre Wagenräder mit Ölpech ab. Dann gingen sie daran (daher der Name Pechelbronn), die Substanz zu brennen und das so gewonnene Öl als Heilmittel zu verwenden.
Nachdem die goldene Erdölzeit von Merkwiller unwiederbringlich vorbei ist, hat sich das Städtchen auf seine medizinische Tradition besonnen und sich zum Heilbad entwickelt.
Gekurt wird nicht mehr mit Erdölprodukten, sondern mit dem Wasser der Thermalquelle, die bei Merkwiller erschlossen wurde.
Von hier aus wendet sich die Route wieder nach Norden.
Über Lobsann und Drachenbronn erreicht sie Cleebourg, die nördlichste Winzergemeinde des Elsass und der Ort, nach dem die kleine Weinbauregion benannt ist.
Cleeborger Riesling hat, anders als die meisten Weine der nördlichen Weinstraße, eine gewisse Berühmtheit erlangt. Seine Qualität steht den berühmteren Riesling Weinen des südlichen Elsass kaum nach.
Was den Wein angeht, sollte man der eigenen Zunge trauen - wofür sich im gleich neben der Cleebourger Zentralkellerei gelegenen Restaurant "A la Cave de Cleebourg" (67160 Wissembourg. Tel: 88945218) eine vorzügliche Gelegenheit bietet.
Wer mittags oder abends vorbeikommt, sollte sich nicht nur den Wein munden lassen, sondern sich auch den Fasan auf Sauerkraut keinesfalls entgehen lassen.
Das Restaurant liegt einen Kilometer hinter der Abzweigung nach Cleebourg, doch sollte man sich nicht verleiten lassen, das Winzerdorf zu übergehen.
Der Bummel entlang der von reizenden Fachwerkhäusern und -scheunen gesäumten Dorfstraße lohnt sich.
Dass dieses Dorf im 17. Jahrhundert zum Hoheitsgebiet der schwedischen Krone gehört hat, klingt für den zeitgenössischen Elsaß-Reisenden seltsam.
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