Rocamadour
 
 
 
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Bericht zu Rocamadour

 

 

 

 

 

Am Felsen havariertes Kirchenschiff

Ein Erfahrungsbericht von mnowak über Rocamadour (13.08.2001)

oder so ähnlich wurde Rocamadour in einem Spiegelartikel charakterisiert. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.... Der weltliche Ort und die religiösen Stätten scheinen an die Felsen der etwa 150m tiefen Schlucht geklebt und widersprechen ganz offensichtlich den Gesetzen der Schwerkraft indem sie hängen bleiben und nicht hinabstürzen. Rocamadour war einer der bedeutendsten Pilgerorte des Mittelalters und wird auch heute noch (oder wieder) von Pilgern besucht. Durch seine überaus malerische Lage und die kurios auf kleinstem Raum erbauten sieben Kirchen und Kapellen ist es aber auch für nicht religiöse Touristen interessant.

Schon im neuenten oder zehnten Jahrhundert wurde an diesem unwirtlichen, schroffen Felsen die heilige Jungfrau in einem einfachen Heiligtum verehrt. 1168 fand man unter der Schwelle der Kapelle einen unverweseten Leichnam, der von den Dorfbewohnern spontan als "Heiliger Amadour" identifiziert wurde und fürderhin in der Kapelle aufgebahrt verehrt wurde. (Rocamadour kommt aber vom okzitanischen "roc amator", was "der Felsliebende" bedeutet.) Ein heiliger Amadour war allerdings wohl auch den Kirchenmännern der damaligen Zeit nicht bekannt, so daß man den Leichnam diversen anderen Heiligen zuschrieb, ganz vorne im Rennen lag übrigens der Zöllner und spätere Jünger Jesu Zachäus, der sich ja bekanntermaßen mit seiner Frau, der Heiligen Veronica, im benachbarten Limousin niedergelassen hatte....

Wie auch immer, man hatte einen Heiligen und man hatte, noch besser, eine wundertätige heilige Jungfrau. Der auf mirakulöse Weise geheilte englische König Heinrich Plantagenet beugte als erster bedeutender Pilger sein Knie und danach waren die Gläubigen nicht mehr aufzuhalten.

Bis zu 30.000 fanden sich zu den großen Versöhnungstagen ein und schlugen ihr Lager im Tal, am Fluß Alzou auf. (Ein an den Felsen geklebter Ort hat naturgemäß nicht viel Fläche zu bieten...) Eine Pilgerfahrt nach Rocamadour wurde auch von Gerichten gerne als Strafe verhängt, hier legte der Straftäter (häufig waren es als Ketzer verurteilte Albingenser) die 233 Stufen vom Dorf zum Heiligtum auf Knien und mit schweren Ketten behängt zurück.

Aber die Notre-Dame-de Rocamadour wurde ebensogerne bei weltlichen Geschäften als Zeugin angerufen oder man traf sich im Schatten ihres Felsen um Verträge zu schließen oder einfach mal zu sehen, was gerade so ab ging, in der Welt. (Die Grenzen zum Tourismus waren auch im Mittelalter schon fließend... ;-) Höhepunkt der Rocamdour Pilgerfahrt war im 13. Jahrhundert, die Geschäfte liefen hervorragend und der Ort war wohlhabend (daher stritten sich jetzt auch zwei Abteien, die das Kaff vorher beide nicht dringend haben wollten, zu wessen Einflußbereich Rocamadour denn nun zähle....).

Erst mit der Reformation ließ der Pilgerstrom nach und die Revolution machte der Bedeutung des Ortes als Pilgerzentrum ein Ende.

Mitte des 19. Jahrhunderts wollten die Bischöfe von Cahors den Notre-Dame-de-Rocamadour-Kult wieder beleben und man renovierte daher die Heiligtümer. Heute teilen sich religiöse Pilger und weltliche Touristen recht einträchtig das Felsendorf.

Schon aus der Ferne (etwa vom Dorf L'Hospitalet) ist der Ort recht pittoresk anzusehen, mit den Häusern und Kirchen die sich wie Adlerhorste ungeordnet an den Fels klammern.

Auf dem Plateau über der Schlucht ist noch eine Befestigungsanlage, die den Ort gleichsam krönt. Unter den Heiligtümern das ebenfalls in den Fels gekrallte dorf, nur wirken hier die Häuser etwas geordneter. Der ganze Ort ist Fußgängerzone, so daß man entweder im Tal oder auf dem Plateau parken muß und dann zu Fuß (bzw. kostenpflichtig mit Petit Train und Aufzug) nach Rocamadour hinauf bzw. hinunter geht.

Wir haben damals auf dem Plateau geparkt, was praktische eine riesige Parkfläche darstellt, der (Feld)Weg nach unten dauerte schätzungsweise eine halbe Stunde (wobei wir aber hier und da für ein Photo anhielten). Auf dem Rückweg stellten wir dann fest, daß der Aufzug zumindest zu diesem Zeitpunkt (Anfang Juni 1997) nichts kostete, also siegte die Bequemlichkeit.

Der "Kirchenvorplatz" (parvis) ist ganz anders als man das gewohnt ist, nämlich klein. Darumherumgruppiert sind die sieben Kirchen und Kapellen, teilweise übereinander gebaut und man weiß oft gar nciht so recht, wo die eine anfängt und die ander aufhört. Offensichtlch baute man immer da, wo man irgendwie noch Platz fand und der Besucher muß dann eben sehen, wo er den Eingang findet.

Die Bauten sind romanisch bis gotisch, wurden aber im 19. Jahrhundert teils renoviert, teils wohl ergänzt, so daß der Stilmix teilweise auch etwas chaotisch wirkt. Die wundertätige Madonna (eine schwarze Madonne mit Jesuskind auf dem Schoß) wird in ihrer eigenen Kapelle verehrt. (Laut Reiseführer kann diese, wie auch die Krypta St. Amadour und die Kapelle St. Michael, nur während der offiziellen Ortsführung besichtigt werden. Wir fanden sie damals allerdings offen, ob das an der Jahreszeit (Juni ist noch Vorsaison) lag oder ob sich das inzwischen geändert hat vermag ich nicht zu sagen. Einen Besuch ist die vom Ruß unzähliger Kerzen geschwärzte Kultstätte allemal wert, denn neben der eher unscheinbaren Madonna wurden über Jahrhunderte Votivtafeln mit Danksagungen angebracht und die Büßer legten ihre Ketten ab.

Besonders kurios wirken die Schiffsmodelle die im Kirchenschiff aufgehängt sind. Auch dies sind Votivgaben, denn die Madonna von Rocamadour gilt auch als Schutzpatronin der Seeleute in Not. (In Camaret, in der Bretagne, hat man ihr zu Ehren auch eine Kapelle erbaut. Dort hörte ich auch zum ersten Mal von der Notre-Dame-de-Rocamadour, noch bevor ich ihren "Ursprungsort" kennenlernte) Und die große Glocke in der Kirche läutet angeblich von selbst, wenn die Madonna irgendwo ein Wunder bewirkt, wenn sie etwa in Seenot angerufen wird.

Am Äußeren der Kirchen sind teilweise noch sehr schöne Fresken aus dem 13. Jahrhundert erhalten, etwa ein "Danse Macabre" oder die Verkündigung Maria. Die leuchtenden Farben sind typisch für den von Byznaz beeinflußten Stil des Limousin und sehr sehenswert.

Auch die Innenräume der verschiedenen Heiligtümer sind einen Blick wert. In der Nähe der Kirchen und dann weiter im Ort findet man dann natürlich auch die üblichen Souvenirshops, die sowohl religiöse Andenken (unter anderem die "sportelle", einen Medaille mit dem Bild der Madonna für Pilger) als auch das restliche Programm mit "Spezialitäten der Region", Kunsthandwerk, T-Shirts,... anbieten. Lebensmittel und Kunsthandwerk sind natürlich an einem gut besuchten Ort immer etwas teurer als auf einem Dorfmarkt, aber zumindest die Qualität stimmt in Frankreich in der Regel. Plastikkitsch aus Taiwan gibt es allerdings auch....

Wir haben uns dann noch einen Salat auf einer Restaurantterasse mit Blick auf Tal und Fluß geleistet. (Leider weiß ich nicht mehr, welches Lokal es war) Der Service war "touristisch", was heißt, daß man schon schneller Bedienungen gesehen hat, der Salat (mit Nüssen und Zigenkäse) aber sehr gut und zusammen mit dem Blick über das Tal das Geld jedenfalls wert!

Für die Geographen: Rocamadour liegt im Departement Lot, in der Landschaft des Quercy. Wer noch mehr wissen möchte kann sich auch die Webseite www.rocamadour.com ansehen, die auch auf deutsch vorliegt. (Ein etwas putziges Deutsch stellenweise, aber verständlich.)