Kanäle und Wasserstrassen in der Bretagne
Der Nantes-Brest-Kanal
Der 205 km lange Kanal verläuft mit seinen 107 Schleusen nach Norden am Fluss Erdre entlang zu den kanalisierten, nach Westen fließenden Flüssen Isac und Oust nach Pontivy, bevor er nach Süden auf den Blavet zu fließt und bei Lorient an der Biskaya endet.
Durch den Zusammenfluss mit der Vilaine bei Redon kann man nach Norden bis Rennes, Dinan und dem Englischen Kanal bei St Malo und in südlicher Richtung zum Atlantischen Ozean bei Vannes fahren.
Der Wasserweg führt seine Besucher durch eine der schönsten Gegenden der Bretagne.
Die Fahrtbedingungen variieren wie die Landschaft: Der seegleiche Erdre führt manchmal rauhe Wasser, manchmal tummeln sich dort Rotschwänzchen; der enge Kanal (oder Fluss) schlängelt sich durch Ortschaften; der Blavet fließt an Feldern vorbei; und das Gezeitenstück unterhalb von Hennebont ist nur etwas für erfahrene Schiffer.
Der 800 m lange St-Felix-Tunnel ist das Verbindungsstück zwischen der Loire und dem Hafen für Vergnügungsboote in Nantes, der sich ganz am Anfang des Kanals befindet.
Sprechen Sie sich mit dem Hafenmeister wegen der Öffnungszeiten und der zulässigen Höhe ab, bevor Sie hindurch fahren.
Nantes war einst die Hauptstadt der Bretagne und hat viel von seinem bretonischen Charakter erhalten - auch wenn es nicht mehr zur Provinz gehört. Trotz seiner Größe kann man verhältnismäßig leicht einen Rundgang durch die Stadt machen, wenn man in dem oben erwähnten Hafen anlegt, der im Stadtkern liegt.
Durch Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg wurde ein großer Teil von Nantes zerstört, die meisten historischen Monumente sind jedoch rekonstruiert oder restauriert worden.
Wegen seiner strategisch günstigen Position an der Loire war Nantes seit seiner Gründung in der gallisch-römischen Zeit immer wieder in kleinere und größere Kriege verwickelt.
Der längste war der Erbfolgekrieg im 14. Jh., der die bretonische Aristokratie aufwühlte, die für ihr Land die Unabhängigkeit wünschte, und ebenso die französischen Könige, die die Bretagne gerne als Teil eines größeren Ganzen behalten wollten.
843 verwüsteten Normannen die Stadt, wobei sie gleich mit der Ermordung des Bischofs und seiner Gemeinde während einer Messe begannen.
Es folgten fast 100 schreckliche Jahre, bevor die Bretagne von Alain BarbeTorte aus der Sklaverei befreit wurde.
Der berühmte "Kochbart" kehrte aus dem Exil in England zurück und führte eine zusammen gewürfelte Armee aus rebellischen Bürgern gegen die Barbaren an. Dem Sieger gebührt auch die Beute oder, wie in seinem Fall, die Hauptstadt Nantes.
Über die nächsten Jahrhunderte hing es immer sehr von der gerade herrschenden Regierung in der Bretagne ab, ob nun Nantes oder Rennes (das schließlich 1213 gewann) die Hauptstadt war.
In der Regierungszeit von Herzog Francois II. und seiner Tochter Herzogin Anne (Mitte bis Ende des 15. Jh.) war Nantes das unbestrittene Zentrum der Macht, der Gelehrsamkeit und Kunst.
1598 gab Nantes seinen Namen jenem Vertrag, der den Protestanten in Frankreich Glaubensfreiheit zusicherte; 87 Jahre später mussten die Hugenotten fliehen, weil Ludwig XIV. diese Vereinbarung nicht anerkannte.
Im 18. Jh. war Nantes auch in den Sklavenhandel verwickelt. Nachdem die menschliche Fracht in den Antillen von Bord der Schiffe gebracht worden war, nahmen diese Rohzucker auf (eine Fracht, die mit den Gewinnen aus dem Verkauf der Sklaven bezahlt wurde), der in Nantes raffiniert und im ganzen Kontinent verkauft wurde.
Es gibt noch einen anderen schwarzen Fleck in der Geschichte. Nach der Revolution waren die Gefängnisse bis zum Bersten mit royalistischen Bürgern gefüllt. Um Platz zu schaffen, ließ Carrier (eine Vertretung der Pariser Führerschaft) alle Gefangenen ertränken.
Zu spät erkannte man in der Hauptversammlung in Paris, dass mit solchem Handeln wohl kaum das Herz der Öffentlichkeit zu gewinnen sein würde. Man reagierte schnell und ließ Carrier hinrichten.
Einer der besseren Beschlüsse der Revolution, nämlich vom Sklavenhandel Abstand zu nehmen, führte zu einem Rückgang des Wohlstandes in Nantes. Diese Entscheidung war nicht rein altruistischer Natur:
Französische Bauern hatten den Handelswert von Zuckerrüben erkannt, und (das ist heute noch so) westindischer Zucker stellte eine wirtschaftliche Gefahr dar.
Keine Sklaven, kein Transport und kein Zuckerimport bedeuteten einen drastischen Verlust an Einnahmen. Jedoch nicht lange: Heute gilt Nantes als eine der größten Industriestädte Frankreichs; es gibt hier Gießereien, Kesselherstellungsbetriebe, Maschinenbauwerke, Konservenfabriken und verschiedene Raffinerien.
Die Werften von Nantes und St Nazaire sind die Haupt-Geschäftspartner der französischen Marine.
Die größte Attraktion von Nantes ist das riesige Chateau des Ducs. Herzog Franyois II. begann 1466 mit dem Bau, und Anne stellte ihn fertig.
Während der Zeit der Liga ließ der Herzog von Mericoeor Brustwehre hinzubauen, im 18. Jh. ging das Chateau in militärischen Besitz über.
Heinrich IV. unterschrieb hier das Edikt von Nantes, unter den besser bekannten Gefangenen waren der Comte de Chalais (ein Verschwörer gegen Richelieu), die Herzogin du Berry (sie hielt Louis Philippe für unfähig, seinen Platz auszufüllen) und Gilles des Rais (der Pirat Blaubart). Heute beheimatet die imposante Festung das Schifffahrtsmuseum, das Museum für dekorative Kunst und das Museum für lokale Volkskunst.
Die gotische Kathedrale St Pierre et St Paul ist innen 35 m hoch, und die freundliche Atmosphäre passt so gar nicht zum üblichen Stil der Kathedralen aus dieser Zeit. Im südlichen Querschiff befindet sich das Grab von Herzog Francois II., das gegen Ende des 15. Jh. von Michel-Colombe, einem bretonischen Künstler, geschaffen wurde und als eines der herausragendsten Werke seiner Zeit gilt.
Nantes hat mehrere interessante Museen. Das Museum der Schönen Künste (Beaux Arts) an der Rue Gambetta enthält eine der besten Sammlungen außerhalb von Paris; weitere gute Ausstellungen findet man im Palais Dobree und der Manoir de la Touche nach der Rue Voltaire sowie im Naturgeschichtlichen Museum.
Das JulesVerne-Museum an der Rue de I'Hermitage 3 erinnert an den Schriftsteller, der in Nantes geboren wurde.
Kein Besuch in Nantes wäre vollständig ohne einen Spaziergang durch die Altstadt: Suchen Sie nach den Häusern aus dem 18. Jh. an den Places Graslin und Royale, an der Rue Crebillion und Cours Cambronne.
Vom Quai des Fosses hat man einen sehr schönen Ausblick auf den Hafen: Nantes liegt zwar 50 km landeinwärts, aber beim Anblick der 5 km langen Hafenanlage wird man dessen nicht mehr gewahr.
Stöbern Sie auch ein bisschen in der Schiffsbücherei und dem Buchladen in einem umgebauten Boot beim Jachthafen.
Von Nantes fährt man 21 km ohne Schleusen den Erdre hinauf zur Kanaleinfahrt. Nach dem Beton und Stahl in Nantes sind die bewaldeten Hügel mit ihren kleinen Häuschen eine Erholung.
Dieser Fluss / See wurde von St Felix, dem Bischof von Nantes, im 6. Jh. geschaffen, um Insekten aus dem Marschland, die Krankheiten übertrugen, von der Stadt abzulenken. Er ließ einen Damm erbauen, durch den der See entstand, und die Insekten hatten keine Brutplätze mehr.
Etwas später wurde die Gegend zu einem Erholungsgebiet, was sie bis auf den heutigen Tag auch geblieben ist. Etwa alle 2 km stoßen Sie auf einen Anlegeplatz, eine Wasserskipiste oder einen Windsurf-Club.
Der Fluss ist einfach zu befahren, mit Ausnahme von der Brücke bei Suce, wo er sich verengt und scharf nach rechts abbiegt. Nach dieser Brücke kann man auf einer Strecke von 5 km Länge und einer Breite von 500 m jedem beliebigen Wassersport nachgehen.
Die Hügel des unteren Flusslaufes sind einem tief liegenden, beschilften Land gewichen, in dem sich in der Migrationszeit die Vögel ein Stelldichein geben.
Bei der nächsten Verengung des Flusses erscheint links die Route nach Redon und Pontivy.
Wenn die Fahrt den Erdre hinauf anstrengend war, fahren Sie am besten 7 km nach Norden, nach Nort-sur-Erdre. Es ist ein erholsamer Ausflug nach Pont St George, wo die Schifffahrt endet und allerlei Annehmlichkeiten - Bootseinrichtungen, Geschäfte und Restaurants - zum Übernachten einladen.
Nach der ersten Kanalschleuse, Quiheix, fühlt man sich fast schon einsam: bis Blain gibt es kaum Häuser. Der Höhepunkt ist bei der Ecluse 7, le Pas d'Heric, erreicht, 8 km weiter beginnt bei der nächsten Schleuse die Abfahrt nach Redon.
Bei der Anfahrt an Blain sieht man links ein Chateau (15. Jh.), und in der Stadt findet der hungrige, durstige oder ermüdete Seemann alles, was er braucht.
Der Fluß Isac fließt in den Kanal hinein und wieder heraus, dadurch entstehen eine Reihe ruhiger Seitenarrne zum Ankern, Schwimmen oder einfach zum Faulenzen.
Die Strecke zwischen den Ecluses 16, Melneuf, und 17, Bellions, ist 23 km lang, schleusenfrei, mit einigen lohnenswerten Orten zum Anhalten. Nach der zweiten Flussbiegung sieht man rechts das Chateau Carheil aus dem Jahr 1659 inmitten eines 80 ha großen Parks.
Von März bis September gibt es Führungen, mittwochs und samstags sogar abends bei Kerzenlicht. Die Kirche in Guenrouet (nur einige Minuten von der nächsten Brücke entfernt) enthält wunderbare bemalte Glasfenster aus der Nachkriegszeit.
Von Pont-Miny, der vierten Brücke ab Schleuse 16, ist Fegreac weniger als 4 km entfernt. Attraktionen sind unter anderem alte Häuser und ein Kalvarienberg aus dem 15. Jh.
Diese kirchlichen Monumente sind ungewohnt in der Bretagne. Viele wurden im späten 16. Jh. errichtet, um die Pest abzuwehren, oder später, um dafür zu danken, dass man von ihr verschont wurde.
Obwohl etliche von ihnen recht groß sind und von namhaften Künstlern geschaffen wurden, ist doch die Form immer dieselbe: Stationen aus dem Leben der Jungfrau und dem Leben Christi. Sie beginnen mit der Verkündigung und setzen sich fort über die göttliche Heimsuchung, die Geburt Christi und so fort bis zur Auferstehung und zur Himmelfahrt.
Bevor das gemeine Volk lesen und schreiben konnte, benutzten die Priester die Kalvarien als Lehrmittel.
Gleich nach der nächsten Brücke mündet ein nicht befahrbarer Fluss ein, Ecluse 17 liegt vor Ihnen, und danach fließt der Vilaine in den Kanal.
Redon ist 7 km nördlich; folgen Sie den Markierungen zum Übernachten im Großen Becken. Für die Durchfahrt nehmen Sie die linke Gabelung nach Josselin und Pontivy, die rechte nach Rennes.
Redon ist eine charmante Stadt mit Einkaufsmöglichkeiten und Sehenswürdigkeiten.
Nach dem Verlassen von Redon fährt man durch eine gerade, in den Felsen gehauene Strecke, von links mündet der Oust ein. Wie der Isac fließt er mehrmals ein und aus und schafft so versteckte Nischen.
Vor der Durchfahrt durch Ecluse 19, la Maclais ou Painfaut, ist ein Abstecher (halber Tag) von 9 km den Fluss Aff hinauf nach La Gacilly zu empfehlen.
Es gibt hier keine Schleusen, aber folgen Sie genau den Markierungen: Der Aff beginnt mit Marschland, und der Fluss ist mit Schilf eingesäumt.
Auf der linken Seite nach der SourMac-Brücke steht ein kleines Chateau; dann verengt sich der Kanal erheblich, und die Bäume stehen dicht am Wasserrand. Das ist ein seltener Anblick.
La Gacilly taucht völlig unerwartet auf. Ab der modernen Brücke, die das Ende der Befahrbarkeit auch zu der kleinsten Hütte bedeutet, findet man an allen Gebäuden bei der Brücke in jeder Ecke rote und rosa Blumen.
Lederarbeiter, Glasbläser, Töpfer, Juweliere, die mit Halbedelsteinen arbeiten, und Eisengießer sorgen für eine große handwerkliche Vielfalt in einer überraschend untouristischen Stadt.
Wieder auf dem Kanal fährt man 6 km eine gerade Strecke bis zu einer scharfen Rechtsbiegung des Flusses. StMartin-sur-Oust liegt ungefähr eine Meile entfernt von der Acht-BogenBrücke unterhalb der Ecluse 21, Gueslin.
Rochefort-en-Terre ist etwas über 9 km von der Brücke entfernt (wenn keine Taxis vorhanden, mit dem Fahrrad fahren).
Das Schloss ist im Juni und Juli täglich geöffnet. Es sind nur Mauerausschnitte, Turmruinen und einige unterirdische Gänge übrig geblieben, aber das Museum sowie der Ausblick auf das Gueuzon-Tal von der Terrasse aus sind interessant.
In mehreren Straßen gibt es Häuser aus dem 16. und 17. Jh., Notre Dame de la Tronchaye stammt aus dem 12. Jh. mit Ergänzungen aus dem 15. und 16. Jh. Besonderheiten im Innern sind unter anderem schmiedeeiserne Gitter und ein Renaissance-Altar.
Die Statue der Frau von La Tronchaye wird in hohen Ehren gehalten; man fand sie in einem Baum, wo sie angeblich schon jahrhunderte lang vor der Normanneninvasion versteckt lag.
Am ersten Sonntag nach dem 15. August ist sie der Gegenstand einer jährlichen Prozession. Die Vergebungsfeier oder Wallfahrt ist eine weitere bretonische Tradition; sie finden, von einigen Ausnahmen abgesehen, von Mai bis Ende September statt, beziehen sich meistens auf einen bestimmten Heiligen, dem die Gläubigen ihre Anliegen anvertrauen.
Alles erscheint im Sonntagsstaat, verbringt den Tag im Gebet, und der Höhepunkt des Tages ist eine Prozession. Heute wird dem religiösen Teil in den frühen Morgenstunden nachgegangen, und weltliche Vergnügungen (und Handel) füllen den Rest des Tages.
Wer bretonische Trachten sehen will, wählt dazu am besten eine Vergebungsfeier.
In Malestroit ist ein Bootsverleih; die Anlegestelle bietet jeglichen Service für den durchfahrenden Schiffer. Jeden Donnerstag ist Markttag, und eine gute Auswahl gotischer und RenaissanceHäuser hat überlebt.
Eines an der Place Bouffay ist mit einer Schnitzerei besonderer Art verziert: Ein Bürger im Nachthemd schlägt gerade seine Frau. Diese fantasievollen Schnitzereien setzen sich an der Kirche St Giles fort; eine stellt einen Akrobaten in der Luft dar, und die Tiere einer anderen sind eher abstrakt gehalten.
Das Musee de la Resistance, 7 km von Malestroit entfernt, ist der Teilnahme der Bretagne am Zweiten Weltkrieg gewidmet.
Es enthält eine breite Palette von Ausstellungsstücken, darunter Zeitungen, Rationenbücher, Kleidung, Uniformen von beiden Seiten und einen ausgezeichneten Film über den Krieg vom Anfang bis zu seinem Ende.
Nach der Brücke bei le Roc-StAndre und einer scharfen Rechtskurve folgt das Chateau Crevy an der nächsten Biegung.
Montertelot hinterlässt einen etwas blassen Eindruck, obwohl es dort viele gut erhaltene Fachwerkhäuser gibt und die Kirche am Hafen Teile aus dem 12. Jh. beinhaltet.
Ploermel, einst Sitz der Herzöge der Bretagne, liegt 7 km weiter. Die Stadt wurde im 6. Jh. von St Armel gegründet. (Auf einer Statue zähmt er einen Drachen.) Die humorvollen Schnitzereien am Westportal der Kirche sind einzigartig, leider braucht man einen Feldstecher, um alles erkennen zu können.
Die zurückgesetzten, bemalten Glasfenster stammen aus dem 16. und 17. Jh.; in der Kapelle sind weiße Marmorstatuen von zwei Herzögen der Bretagne aus dem 14. Jh., Jean II. und Jean III. Sehen Sie sich auch die Fachwerkhäuser in der Rue Beaumanoir an.
Wer einen Sinn für neuere Geschichte hat, dem gefällt sicher die Statue von Dr. Guerin, dem Erfinder von Baumwollspezialverbänden. Sie wurden zum ersten Mal im Deutsch-Französischen Krieg angewendet und retteten manchem das Leben.
Einer der besser bekannten Zusammenstöße in der Bretagne war die Schlacht der Dreißig, die sich 1351 auf einer Heide auf halbem Weg zwischen Ploermel und Josselin ereignete; (mit dem Fahrrad 3 km von der Brücke bei St Gobrien entfernt; Steinmarkierung an der Brücke Nr. 24 beachten).
In der Mitte des 14. Jh., als der Erbfolgekrieg seinen Höhepunkt erreicht hatte, war Josselin in der Hand der königlichen französischen Armee. Ihre Gegner, die von Montfort, hatten ihren Stützpunkt in Ploermel.
Nach einer Reihe von Schlachten ohne entscheidenden Ausgang sollten schließlich je 30 der besten Männer auf beiden Seiten so lange im Nahkampf verweilen, bis der letzte aufrecht stehende Mann die Siegerseite bestimmen würde.
Am Ende eines langen Märztages gewann Josselin.
Der Kanal setzt sich auf seiner halbverlassenen Route bis zum Chateau von Josselin fort, einem der wenigen Beispiele, bei denen die Realität die Vorahnung voll bestätigt.
Wir nähern uns vom Wasser her, und zunächst sehen wir nur die konischen Türme über den Bäumen. Danach tauchen die riesigen bretonischen Mauem aus grauem Stein auf, als ob sie sich jedem Eindringling in den Weg stellen wollten; die kleineren, unwichtigeren Gebäude spitzeln hinter dem Schloss hervor wie ein Kind hinter dem Rock seiner Mutter.
Der Bau der ersten Festung auf diesem Platz wurde um das Jahr 1000 von Guthenoc de Porhort begonnen, aber sein Sohn Josselin stellte sie fertig und gab Schloss und Stadt seinen Namen.
Einer seiner eher extravaganten Besitzer war Olivier de Clisson, dessen Ratgeber und Vorbild seine Mutter war. De Clissons Vater war wegen Verrats an den Franzosen im Erbfolgekrieg enthauptet worden.
Als man seinen Kopf auf den Mauem des Schlosses bei Nantes aufsteckte, nahm diese bemerkenswerte Frau ihre Kinder zur Besichtigung mit und sagte: "Sehen wir zu, dass die Bastarde, die das getan haben, in unsere Hände fallen."
Jeanne de Belleville versenkte daraufhin jedes Schiff, das ihren Weg kreuzte, und zerstörte sechs Schlösser, deren Besitzer das Unglück gehabt hatten, mit der französischen Seite zu sympathisieren.
Im Verlauf dieser Ereignisse machte sie aus ihrem Sohn Olivier einen harten Mann. Er diente mit Auszeichnung in der englischen und später, unter Karl V., in der französischen Armee.
Der große Bertrand du Guesclin wurde sein Freund; nach dessen Tod stieg de Clisson zum Polizeichef Frankreichs auf.
1370 heiratete er Marguerite de Rohan und wurde somit Herr über Schloss Josselin, das er mit Mauern und Türmen versehen ließ und zu einem der wichtigsten inländischen Stützpunkte der Bretagne machte.
Leider verlor sein Schirmherr, Karl VI., den Verstand, und der alte Krieger wurde von seinen Gegnern aus dem Erbfolgekrieg auf die Festung am Fluss verbannt, wo er 1407 starb.
Weniger als 100 Jahre später zerstörte der damalige Herzog der Bretagne, Francois II., das Schloss, um Jean II. de Rohan für seine Königsloyalität zu bestrafen. Als Anne, die Tochter Francois II., Königin von Frankreich wurde, gab sie Jean II. als Akt der Versöhnung das Geld für den Wiederaufbau.
Jean war klug genug, Dankbarkeit zu zeigen: Suchen Sie nach dem schön verzierten Buchstaben "A" an jedem gut sichtbaren Teil des Bauwerks.
Nach seiner Fertigstellung war das Schloss die Verkörperung des Familienmottos "Ich kann nicht König sein. Ich verachte es, ein Prinz zu sein. Ich bin ein Rohan."
Dieses Veredelungsprogramm erlitt 1629 jedoch wieder einen schweren Schlag, als fünf Türme zerstört wurden. Der Urheber war Richelieu - wieder einmal -, denn ein anderer Rohan (Henri) führte die Hugenotten an, was dem Premierminister Ludwigs XIII. stark missfiel.
Durch alle Schwierigkeiten hindurch ist das Schloss jedoch im Besitz der Familie Rohan geblieben. Die letzte größere Renovierung wurde Ende des 19. Jh. vorgenommen.
Die Basilika Notre Dame du Roncier (Unsere Frau vom Dornbusch) hält jeden 8. September eine weithin bekannte Vergebungsfeier, das pardon, ab.
Der Name der Kirche leitet sich von einer Begebenheit aus dem 9. Jh. her, als ein Bauer bei der Arbeit auf dem Feld eine Statue der Jungfrau Maria fand und sie in seinem Haus aufstellte. Der Statue gefiel es dort offensichtlich nicht, denn sie kehrte auf das Feld zurück.
Dieser Vorgang wiederholte sich mehrere Male. Schließlich baute man im 11. Jh. am Fundort eine Kirche für die Jungfrau. Aus unbekanntem Grund verbrannte die Statue 1793, und es verbleiben nur einige Fragmente, die in einem Reliquienkästchen im Heiligtum ausgestellt sind.
Olivier de Clisson und seine Frau Marguerite de Rohan liegen hier ebenfalls begraben; Fotobegeisterte sollten den ungewöhnlichen Ausblick vom Schlossturm aus genießen.
Geht man vom Schloss die Straße hinunter, stößt man auf das Puppenmuseum, das in einem Fachwerkhaus untergebracht ist.
Vorübergehende Anlegeplätze gibt es beim Schloss, dort kann man auch Wasser zapfen, aber keinen Treibstoff. Die Atmosphäre der Stadt ist angenehm, es gibt mehrere Restaurants und Geschäfte.
Vom Speisesaal des Hotels Chateau aus übersieht man Kanal und Schloss, die Gerichte sind schmackhaft, und man braucht auch keine Krawatte zu tragen.
Von Josselin steigen der Kanal und die Anzahl der Schleusen weiter an. Bei der Ecluse 50, Kermalin, liegt ein Trappistenkloster von 1841 nur eine kurze Strecke entfernt; das Kloster selbst ist geschlossen, aber im Pförtnerhaus kann man Dias ansehen.
Von Ostern bis September können Besucher an den Sonntagen an der gregorianischen Messe teilnehmen.
Zwischen Rohan (das keine Besonderheiten aufzuweisen hat) und dem Jachthafen von Pontivy gibt es 55 Schleusen auf einer Strecke von 24 km, die in drei Schleusenserien aufgeteilt sind.
Man kann bei Rohan auch umdrehen!
Wenn man bei einer Schleusenserie angelangt ist, kann man kaum mehr verschnaufen, denn die Schleusenwarte sind je für zwei oder drei Schleusen zuständig und erwarten, dass man einen gewissen Fahrplan einhält.
Von der Schleuse 56 bis 78 ist es bis zum Höhepunkt eine erbärmliche Schinderei: 23 auf weniger als 5 km. Aber nach der letzten, die den treffenden Namen Bel Air (Schöne Luft) trägt, kommen wunderbare, friedvolle Zeiten.
Freuen Sie sich jedoch nicht zu früh: Die nächsten Schleusen (79-87) sind eigentlich eher eine Rolltreppe als ein Kanal, denn sie liegen alle auf einer Strecke von weniger als 1 km.
Wer eine Verschnaufpause möchte (oder braucht), kann bei der Brücke nach 87, le Couedic, anlegen. Nach der soeben durchlaufenen Folterkammer sind die letzten 6 km mit ihren 19 Schleusen bis Pontivy die reinste Rutschpartie.
Wir gratulieren! Sie haben soeben die dichteste Konzentration von Schleusen in ganz Frankreich überwunden.
Sie sind nun erschöpft, schweißgebadet und verfluchen denjenigen, der als erster an einen Urlaub auf dem Boot auch nur gedacht hat, aber wir freuen uns, Ihnen sagen zu können, daß Pontivy Sie für vieles entschädigen wird.
Hier haben wir: ein Schloss, eine große Auswahl an Restaurants, einen Full-Service-Jachthafen, viele Geschäfte und ausgesprochen freundliche Stadtbewohner.
1807 verwandelte Napoleon das Dörfchen in einen Militärstützpunkt; geblieben ist davon ein Straßennetz, dem Pontivy sein geordnetes Äußeres verdankt. (Es gibt noch einige Fachwerkhäuser um den Place du Martray.)
Der Kanalbau war Teil einer Stadterneuerung, und die für Einnahmen und Arbeitsplätze dankbaren Bürger nannten ihre Stadt Napoleonville. Nach dem Untergang des Kaisers kehrten sie jedoch zum ursprünglichen Namen zurück.
Das Chateau stammt aus der Zeit vor der ersten Namensänderung; Jean II. von Rohan ließ 1480 das ziemlich gedrungen aussehende Bauwerk errichten. Da es keinen Verteidigungszwecken mehr dient, wächst im Stadtgraben das Gras, und es gibt lediglich noch eine ethnographische Ausstellung im Schloss.
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